„Ab Januar fährt der RE 13 normal — definitiv!“

Eurobahn-Chef Thomas Görtzen reagiert auf die heftige Kritik von VRR, Politik und Kunden. Und er erklärt, warum es bei der Bahnverbindung Gladbach-Venlo so viele Probleme gab.

„Ab Januar fährt der RE 13 normal — definitiv!“
Foto: Busch/Archiv

Seit dem 13. Dezember ersetzt Ihr Unternehmen jeden zweiten RE 13 durch einen Bus — und Sie müssen sich scharfe Kritik Ihrer Fahrgäste, Ihres Auftraggebers VRR und aus der Politik gefallen lassen. Zählen Sie die Tage bis zum 2. Januar, wenn die Eurobahn zum Normalzustand zurückkehren will?

„Ab Januar fährt der RE 13 normal — definitiv!“
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Thomas Görtzen: Es sind offen gestanden sehr anstrengende Tage. Wir haben den Urlaub gestrichen.

Der VRR-Chef nannte den ungenehmigten Schienenersatzverkehr zwischen Venlo und Mönchengladbach „einen Höhepunkt an Schlechtleistungen“, andere Verkehrsverbünde erwägen, Ihrem Unternehmen zu kündigen. Was ist schief gelaufen?

Görtzen: Grundsätzlich haben wir in diesem Jahr 99 Prozent aller Verbindungen durchgeführt, hatten ein Prozent Ausfälle. Davon entfallen rund die Hälfte auf Umstände, die nicht unser Unternehmen zu verantworten hat.

Zum Beispiel?

Görtzen: Zum Beispiel hatten wir jüngst den Fall, dass Schafe auf den Gleisen standen. Oder es gab Probleme mit einem liegengebliebenen Güterzug. Das ist für die Fahrgäste natürlich ebenfalls ärgerlich, aber in solchen Fällen sind wir machtlos.

Schafe und ein liegengebliebener Güterzug führten aber nicht zum mittlerweile seit zwei Wochen bestehenden Schienenersatzverkehr auf dem Streckenabschnitt zwischen Mönchengladbach und Venlo, der massiv Fahrgäste aus Viersen und Nettetal beeinträchtigt…

Görtzen: …nein, zu dieser Maßnahme haben wir uns gezwungen gesehen, weil uns Triebfahrzugführer fehlen. Dieser Mangel ist für 0,5 Prozent der Zugausfälle verantwortlich. Wir haben zurzeit einen extrem hohen Krankenstand.

Warum hat Ihr Unternehmen keine seriöse Personalpolitik betrieben, die entsprechendes Personal vorhält?

Görtzen: Unser Unternehmen kommt mit einem normalen Krankenstand gut klar und kann auch das Doppelte des Normalen gut abfedern, ohne dass es zu Ausfällen kommt. Wir haben allerdings derzeit in der Spitze das Dreifache unseres Durchschnitts.

Über welche Zahlen reden wir da? Konkret heißt der hohe Krankestand für Ihr Unternehmen?

Görtzen: Von rund 200 Triebfahrzeugführern sind es 35, die sich krank gemeldet haben. Diese Ausfälle lassen sich nicht mal eben kompensieren. Viele Kollegen helfen: Mitarbeiter der Verwaltung, die über eine Lizenz verfügen, führen Züge statt im Büro zu sitzen. Andere Triebfahrzugführer legen Extra-Schichten ein, obwohl sie eigentlich frei hätten — immer allerdings unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten. Auch in solchen Ausnahmesituationen gilt für uns: Sicherheit zuerst! Auf diese Weise gelingt es uns, 80 Prozent der durch die Krankmeldungen offenen Schichten zu besetzen.

Nun sind es ja nicht ausschließlich RE13-Fahrer, die sich krank gemeldet haben. Wieso haben Sie den Schienenersatzverkehr denn ausgerechnet auf dieser Strecke eingerichtet?

Görtzen: Es sind viele Faktoren, die da zusammengespielt haben. Das Fahrgastaufkommen, aber zum Beispiel auch der Ersatzverkehr selbst: Wenn die Busse im Stau stehen, ist niemandem geholfen. Das Risiko, dass das passiert, ist aber im Ruhrgebiet größer als auf dem Streckenabschnitt zwischen Venlo und Mönchengladbach. Mir ist klar, dass der Umstieg in Busse unangenehm ist. Aber was wäre die Alternative? Es käme zu sporadischen Zugausfällen. Was hilft es dem Fahrgast, wenn er am Bahnhof steht und es kommt kein Zug? Durch den Ersatzverkehr haben unsere Fahrgäste verlässliche Zeiten, zu denen sie befördert werden. Das Konzept ist belastbar und tragfähig!

Sind noch Züge ausgefallen?

Görtzen: Seit dem 13. Dezember konnte der RE13 auf dem gesamten Linienverlauf deutlich zuverlässiger bedient werden. Zugausfälle waren die absolute Ausnahme.

Warum greifen Sie nicht auf Zugführer zurück, die Sie leihen könnten? Scheuen Sie die hohen Kosten?

Görtzen: Leih-Triebzugführer kosten ungefähr das Doppelte wie Festangestellte — und trotzdem würde ich liebend gerne welche beschäftigen. Denn wenn wir eine Verbindung nicht anbieten, erhalten wir vom VRR gar kein Geld. Wir sparen zwar die Stromkosten, aber unterm Strich ist jede nicht gefahrene Verbindung für uns ein dickes Verlustgeschäft. Wir leihen keine Triebzugführer, weil es sie schlicht nicht gibt. Triebfahrzeugführer ist ein Mangelberuf. Darunter leiden alle Bahnunternehmen. Und: Anders als beim Autoführerschein, der für alle Straßen gilt, müssen Triebfahrzeugführer strecken- und fahrzeugkundig gemacht werden. Das aber dauert. Wenn ich jetzt akut ein Problem habe, hilft es mir nicht, wenn in einigen Monaten der Mitarbeiter die Strecke kennt.

Was tun Sie also, damit sich solch eine Situation nicht wiederholt?

Görtzen: Wir haben schon etwas getan: Wir haben 21 Triebfahrzugführer dieses Jahr neu eingestellt, von denen viele ab Anfang 2017 einsatzbereit sein werden. Ab 2017 starten wir zudem unsere eigenfinanzierte Ausbildung, investieren mehr als zwei Millionen Euro…

…und müssen dann hoffen, dass die nicht von einem Mitbewerber weggeschnappt werden…

Görtzen: Da mache ich mir wenige Sorgen. Wir zahlen deutlich über Tarif, bei uns bekommen Triebfahrzeugführer als Einstiegsgehalt knapp 3000 Euro. Hinzu kommen noch einmal rund 300 Euro monatlich an Zulagen. Bei einem Tarifvergleich der Gewerkschaft der Lokführer lag Keolis an der Spitze. Wir bieten eine arbeitgeberfinanzierte Altersvorsorge und legen auf die mögliche Entgeltumwandlung noch einmal 20 Prozent drauf. Abgesehen davon haben wir auch kein Problem, einen 50-Jährigen einzustellen. Wer bei uns arbeitet, der bleibt erfahrungsgemäß. Wir hatten exakt eine Kündigung zum Jahresende. Und in den letzten 16 Jahren kamen wir auf gerade einmal einen halben Tag Streik.

Und ab 2. Januar fährt der RE13 wieder da, wo er hingehört, auf der Schiene?

Görtzen: Definitiv!

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