Wülfraths bewegte Jahre auf 180 Fotos

Archivar Hartmut Nolte und Historiker Wolfgang Heinrichs haben die 1960er Jahre in einem Buch dokumentiert.

Wülfrath. „Ach, so war das früher“, wird sich manch ein Leser beim Durchblättern des neuen Buchs von Stadtarchivar Hartmut Nolte und Historiker Wolfgang Heinrichs denken. „Wülfrath — Die Sechzigerjahre“ heißt es, und für alle, die zu dieser Zeit in Wülfrath gelebt haben oder groß geworden sind, ist es eine wahre Fundgrube an Erinnerungen. Aber auch andere werden schmunzeln und staunen angesichts der rund 180 Bilder, die den Wülfrather Alltag in diesem bewegten Jahrzehnt zeigen.

Die kurzen Informationstexte zu jedem Bild recherchierten die Herausgeber in archivierten Zeitungen, anderen Büchern oder erhielten sie von alteingesessenen Wülfrathern.

Bilder von Maria Paciello an der Eismaschine in ihrem italienischen Eiscafé 1960, damals noch an der Düsseler Straße, zaubert wieder den Geschmack des Erdbeerbechers auf die Zunge, erinnern vielleicht aber auch an die fiese Tür des Lokals, die vielen Kunden in die Hacken fiel. Insgesamt lebten in diesem Jahr 527 Ausländer in Wülfrath, davon allein 284 Italiener. Erst später holten die Ford-Werke verstärkt auch Türken als Gastarbeiter nach Wülfrath.

Doch nicht nur Gastarbeiter prägten zunehmend das Bild der wachsenden Kleinstadt, auch die neuen Hochhäuser an der Ellenbeek oder das Y-Hochhaus an der Mettmanner Straße wurden gebaut. „Gastarbeiter und auch die zugewiesenen Flüchtlinge aus der Nachkriegszeit sollten ein Dach über dem Kopf bekommen“, sagte Hartmut Nolte bei der Vorstellung des Buchs. „Und in die Höhe zu bauen, war damals sehr angesagt.“

Die 1960er Jahre waren insgesamt ein Jahrzehnt des Wachstums. Was nicht passend war, wurde passend gemacht. Unzählige ältere Gebäude und Fachwerk-Höfe wurden abgerissen, um neuen Parkplätzen, Straßen, Brücken, dem Kalkabbau oder Wohnblocks Platz zu machen. „Während wir heute sparen und viele Einrichtungen schließen müssen, galt es damals, zu klotzen und Geld auszugeben“, sagte Hartmut Nolte. Schulen wurden errichtet, große Werkshallen für die Industrie, aber auch Vereinsgebäude und Gemeindezentren.

Den Arbeitsalltag bestimmen maßgeblich die Kalkwerke. Ihre Brüche fraßen sich durch die Landschaft, Straßen und Bauernhöfe mussten weichen. Aber auch das Ford-Werk wuchs weiter, und Puky, damals noch in einer alten Schreinerei an der heutigen Schulstraße ansässig, entwickelte sich zur Erfolgsgeschichte.

Doch nicht nur die Stadtentwicklung, sondern auch das gesellschaftliche Leben wird in Bildern und Geschichten erzählt. Sei es der Besuch auf der Kirmes oder dem jährlichen Reit- und Fahrturnier, das weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt war. Sportler wie Schillkowski werden geehrt, scheidende Bürgermeister überreichen ihren Nachfolgern die Amtskette. Vereine gründen sich, Wahlen finden statt. Warum braucht Wülfrath nun ein Buch über die 60er Jahre? „Es ist einfach interessant zu schauen, was war, und nicht immer nur das, was gerade ist, in den Blick zu nehmen“, findet Wolfgang Heinrichs. Zudem sei diese Zeit sehr spannend gewesen: Alles befand sich im Umbruch. Bild für Bild, Jahr für Jahr dokumentiert diese Chronik nun den Wandel des Stadtbilds.

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