Wülfrath: Viel mutiger nach Afrika

Pia Göke (19) war zwei Monate in Ghana: Dort unterrichtete sie an einer Schule.

Wülfrath. Ob sie ein anderer Mensch geworden ist? Sie lächelt und denkt kurz nach. "Ja, ein bisschen, glaube ich. Selbstständiger und offener bin ich. Und mutiger." Pia Göke sagt auch das mit einem Lachen. Es ist gerade zehn Tage her, dass sie aus Ghana zurückgekehrt ist.

Direkt nach dem Abitur ist die Wülfratherin gestartet. Zwei Monate hat sie dort gelebt - unweit der Hauptstadt Accra. In der Zeit sind ihr das Land und vor allem seine Menschen ans Herz gewachsen.

Afrika - auf Pia Göke übt dieser Kontinent seit Jahren eine ganz besondere Magie aus. "Für mich war immer klar, dass ich da hin wollte." Die USA habe sie nie gereizt. Genauso klar war für die 19-Jährige, dass "ich nicht nur als Touristin kommen wollte".

Eine Mischung aus Helfen, Arbeiten und Abenteuer wurde es schließlich - und für Pia Göke eine prägende Zeit. Im Internet war sie auf die Münchener Organisation "Praktikawelten" gestoßen, über die sie den Trip und den Job schließlich organisierte.

Nicht in einer Lehmhütte sondern in einem Haus der Organisation war sie mit vielen anderen Praktikanten untergebracht: Italiener, Niederländer, Schweizer, Österreicher zum Beispiel. Ihr Einsatzgebiet war die Best Hope International School. "Englisch ist Amtssprache in Ghana. Also wurde auch in englischer Sprache unterrichtet", sagt Pia Göke im Gespräch mit der WZ.

Englisch, merkt sie an, sei aber nie eines ihrer besten Fächer gewesen. "Und jetzt habe ich 16-Jährigen das Planetensystem erklärt", schmunzelt sie. "Wenn mein ehemaliger Mathe-Lehrer wüsste, dass ich Kindern Bruchrechnung beigebracht habe und das auf Englisch, wäre das echt ein Ding."

Beim Unterrichten beließ es die Wülfratherin nicht. Sie hatte vor ihrer Abreise Geld gesammelt, "weil ich in dem armen Land auch helfen wollte". Rund 400 Euro waren zusammen gekommen. Eine Summe, mit der "Madam Goeke", wie sie von den Schülern genannt wurde, an der Schule etliches bewegen konnte. Aus Deutschland hatte sie darüber hinaus Bastelmaterial - wie Moosgummi - mitgenommen.

In Ghana kaufte sie Baumaterial. Damit wurden Wände der Junior High School verputzt und gestrichen. Oder: Sie kaufte Lehrmaterialien und Bücher, "was sich die Kinder dort nicht leisten können". Bricht ein Stift ab, müssen die Schüler diese mit einer Rasierklinge schärfen. Göke: "Für 50 Cent konnte ich zehn Anspitzer kaufen."

Die Wochenenden nutzte die Abiturientin, um mit neu gewonnenen Freundinnen das Land kennenzulernen. Mit dem Tro-Tro - umgebaute VW-Busse, in denen 24 Passagiere Platz finden - ging es an den Ozean, an Seen, in Gebirge, in abgelegte Regionen. "Für 200 Kilometer braucht ein Tro-Tro acht Stunden. Das kostet 3,50 Euro."

Für einen Mitteleuropäer ist Ghana ein preiswertes Land. Und ein spannendes. Sie badete im Meer, streichelte Krokodile und fütterte Affen: "Ein bisschen Abenteuer sollte der Aufenthalt ja auch sein", betont Pia, die Freunde und Bekannte daheim mittels eines Internetblogs über ihre Zeit in Afrika auf dem Laufenden hielt.

Pia Göke verhehlt nicht, dass dem weißen Europäer in dem schwarzen Land "auch mal das schlechte Gewissen beschleicht". Kleine Verkaufsstände am Straßenrand, Bettler, Lehm- und Wellblechhütten sind Indizien der Armut. "Dabei bleiben die Menschen aber sehr lebensfroh", hebt sie hervor.

"Madam Pia Goeke we wish you safe journey", haben "ihre" Kinder von der Schule zum Abschied auf die frisch gestrichene Fassade geschrieben. Die Abfahrt, gesteht sie, "war eine emotionale Angelegenheit".

Sie vermisse "ihre Leute". Und sie hofft, dass sie ihre Chancen ergreifen. "Oder muss die kleine Janet später auch Ananas am Straßenrand verkaufen?" Nur eine Frage, die sie sich stellt...

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