Wülfrath: Sprachförderung - Sprechen mit allen Sinnen

Expertin gibt Eltern im Kindergarten St. Joseph konkrete Ratschläge.

<strong>Wülfrath. Die Sprachstandserhebung unter den Vierjährigen sorgt in diesen Tagen weiterhin für Diskussion. Die Frage stellt sich, inwieweit öffentliche Einrichtungen familiäre Versäumnisse in der Sprachförderung auffangen können. Oder: Wie Eltern ihre Kinder in punkto Sprachentwicklung optimal fördern können: "Was!? Ihr Kind spricht noch nicht? Wie lernen Kinder sprechen und wie kann man sie dabei unterstützen?" - dazu referierte Diplom-Heilpädagogin Bärbel Dafeld im katholischen Kindergarten St. Joseph.

Dafeld arbeitet bei der Frühförder- und Beratungsstelle der Lebenshilfe in Solingen. In ihrem Berufsalltag arbeitet sie mit entwicklungsverzögerten und behinderten Kindern, die nur einen sehr geringen Wortschatz beherrschen, zusammen. "Durchschnittlich jedes 15. bis 17. ein- bis dreieinhalbjährige Kind hat Sprachdefizite", weiß die Expertin. Immer häufiger würden Sprachauffälligkeiten bei Kindern diagnostiziert. Zu den Betroffenen zählen durchschnittlich mehr Jungen als Mädchen.

"Für das Sprechen ist das Mitwirken aller Sinne notwendig", sagt Dafeld und ergänzt: "Dies beginnt vor dem aktiven Wort." Beispielsweise beeinträchtige eine ausgeprägte Grobmotorik beim Tasten und Laufen zwangsläufig die kindliche Sprachentwicklung. Bereits im Alter von 18 Monaten beherrsche ein Kind rund 50 Wörter. Die Basis des Sprachverständnisses sei, laut Dafeld, mit dem sechsten Lebensjahr mit dem Schulantritt abgeschlossen.

Doch nicht immer verläuft das Erlernen der Sprache problemlos. Die Ursachen seien vielfältig: "Kinder haben zu Hause weniger Sprechanreize", moniert die Heilpädagogin. Bei ihren Hausbesuchen erlebe sie, dass Eltern starke Hemmungen aufbauen. "Eltern scheuen sich, mit ihren Kindern laut zu singen oder einfache Fingerreime zu spielen."

Das andere Extrem, die permanente Reizüberflutung durch das flackernde Fernsehbild. "Kinder sind damit überfordert. Zudem wird beim Starren auf den Fernseher der Augenkontakt beim Sprechen unterbrochen."

Auch organische Probleme, wie etwa Hör- oder Hirnstörungen, können Ursache für einen erschwerten Spracherwerb sein. "Bei Frühgeborenen sind häufig die Hörbahnen noch nicht völlig entwickelt", erklärt die Expertin. Manche Kinder hätten auch unterentwickelte Kaumuskeln, da sie zu lange pürierte Nahrung essen oder nur weiches Weißbrot ohne Kruste.

"Es ist schwierig, Eltern verständlich zu machen, dass Ernährung und Sprachentwicklung zusammenhängen", berichtet Beatrix Kraemer, Leiterin des Kindergartens St. Joseph, aus ihrer Berufserfahrung.

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