Es war eine großartige Idee der Stadtväter, ein Freibad inmitten der Stadt bauen zu lassen. Zwar dachte man damals noch nicht an Schwimmwettkämpfe, so dass das Schwimmbecken die "krumme" Länge von 27Metern hatte, aber die zentrale Lage erwies sich in der Folge als geradezu ideal - vor allem für Kinder, Berufstätige oder Hausfrauen. So war es wohl nur folgerichtig, dass sich in der Stadt sehr früh die Tradition der "Frühschwimmer" entwickeln konnte, die sich über Jahrzehnte fortsetzen sollte.

Der "Club der Frühschwimmer" (der "Präsident" wurde nach Gewicht gewählt...) war fortan das Aushängeschild für diese Tradition, ein loser Zusammenschluss von Berufstätigen aller Couleur oder Hausfrauen, die die Gelegenheit zu einem frühen Bad noch vor Arbeitsbeginn nutzen konnten. Da das Freibad ungeheizt war, wurden sie mit Wassertemperaturen auch nicht verwöhnt: die Jahresdurchschnitte kamen über 19,5 Grad nicht hinaus.

Alljährlich begann die Saison am 15. Mai mit dem An- und endete am 5. Oktober mit dem Abschwimmen - ohne Rücksicht auf die Wassertemperaturen. Einmal wurde bei 13 Grad angeschwommen. Jeden Morgen mit dem Glockenschlag 6 Uhr der nahen Kirche wurde der Schlüssel im Schloss der Tür zum Badeingang gedreht, und Bademeister Jupp Grote ließ die Frühschwimmerschar ein. Abgehärtet, wie sie alle waren, nutzten sie doch zum Schluss auch gern die heiße Dusche zum Aufwärmen.

Leider konnte das Freibad dann wegen der immer anspruchsvolleren Standards der Sicherheits- und Lärmschutzbestimmungen in seinem Bestand nicht mehr gesichert werden: am 5. Oktober 1985 musste es für immer geschlossen werden. Die Frühschwimmer ließen am 28. April 1992 im Angergarten eine Gedenktafel genau an der Stelle errichteten, wo einst die Mitte des Schwimmbeckens gewesen war.

Viele der einstigen Frühschwimmer sind nicht mehr unter uns, aber die Letzten der "Original-Freibad-Frühschwimmer" schwimmen heute noch immer - im Hallenbad. Ob man dort diese eine der letzten schönen Traditionen unserer schönen Stadt auch noch abwürgt?