Wülfrath: Plötzlich sind es vier Töchter

Die Familie Planiol ist mit Zwillingen in die „Pflegeeltern-Karriere“ gestartet.

Wülfrath. "Wir machen keinen Unterschied zu unseren leiblichen Kindern", sagt Myriam Planiol-Auger. Seit fünf Jahren sind sie und ihr Mann Francois nicht nur Eltern ihrer beiden Töchter Anne-Solene (15) und Anne-Sophie (11), sondern geben auch den fünfjährigen Zwillingen Vanessa und Jessica als Pflegeeltern ein zu Hause.

Schon in den zwei Jahren bevor die Mädchen zu ihnen kamen und auch jetzt haben sie regen Kontakt mit der Pflegeelterngruppe Wülfrath, die jetzt ihr 25-jähriges Bestehen feierte (die WZ berichtete). "Ohne Pflegeeltern könnte ein wichtiges Angebot der Jugendhilfe nicht geleistet werden", sagt Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff auf der Feierstunde.

Letzte Konsequenz für die Kinder wäre sonst eine Heimunterbringung. So wäre es wohl auch den Zwillingen Vanessa und Jessica ergangen. "Zuerst wollten wir den Mädchen nur solange helfen, bis eine Rückführung in ihre Familie möglich war", erzählt Myriam Planiol-Auger. Doch soweit sollte es nie kommen. Die leibliche Mutter hat nach zwei Jahren den Kontakt abgebrochen. Jetzt bleiben die Mädchen bei den Planiols.

21 Pflegekinder in 17 Familien werden von der Gruppe momentan betreut. Einmal im Monat treffen sich die Eltern, um Erfahrungen auszutauschen. Und die Gruppe dient als Plattform für kontinuierliche Elternbildungsarbeit. "Wir konnten uns durch die Gruppe gut im Vorfeld informieren und hatten so einen leichteren Einstieg", bestätigt auch Hans-Werner van Hueth.

Der Fachbereichsleiter Jugend und Soziales war selbst Pflegevater und konnte genau wie die Planiols von der Gruppenarbeit profitieren. Die meisten Pflegekinder haben eine schwierige Vergangenheit in ihren eigenen Familien hinter sich. Eine Eltern-Kind-Bindung muss sich erst aufbauen.

Das ist nicht immer einfach - auch wenn die Kinder schon als Säuglinge in die Pflegefamilien kommen. "Wir haben sie direkt aus dem Krankenhaus abgeholt. Als wir vor ihrem Bettchen standen, haben sie einfach ins Leere geblickt. Sie kannten ja unsere Stimmen nicht", sagt Francois Planiol. Die Erschütterung, über die verloren wirkenden Babys haben den Pflegeeltern die Tränen in die Augen getrieben.

"Es fehlen einfach die Monate der Schwangerschaft, in denen man sich schon kennenlernt", sagt Myriam. Auch die körperliche Nähe haben die Mädchen anfangs abgelehnt. "Meine leiblichen Töchter habe ich früher immer im Tuch getragen. Das wollten die Zwillinge überhaupt nicht", sagt die 45-jährige Lehrerin für Englisch und Französisch.

Um Pflegeeltern zu werden, braucht man keine Vorkenntnisse. Auch Motivationen sind verschieden. "Früher waren es in der Regel eher mehr Familien, die auch eigene Kinder und zusätzlich Pflegekinder aufgenommen haben. Heute sind es häufig auch kinderlose Paare", sagt Anne Beckmann vom Jugendamt.

Die zukünftigen Pflegeeltern durchlaufen ein Bewerbungsverfahren beim Jugendamt - aber wenn es dann soweit ist, dann kann alles ganz schnell gehen. Davon können auch die Planiols ein Lied singen. "Wir wurden mittwochs informiert, dass die Zwillinge ein Zuhause suchen und am Freitag haben wir sie abgeholt. Ich bin direkt zu Ikea gerast und habe zwei Betten und Wickeltische gekauft", erinnert sich der 46-jährige Kirchenmusiker lachend.

Jetzt gehören die Mädchen zur Familie. Das sagt auch die große Schwester Anne-Solene: "Ich mache keinen Unterschied zu meiner leiblichen Schwester."

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