Wülfrath: Eine Kreuzung, die zu Rücksicht ermahnt

Gymnasiallehrer kritisiert Situation an der Kastanienallee.

Wülfrath. Schilder gibt es an dieser Kreuzung nicht. Und das war einst eine bewusste Entscheidung. Der Kreuzungsbereich Kastanienallee/In den Eschen - früher mit einer Ampel versehen - sollte durch einen verkehrsberuhigten Ausbau die Verkehrsteilnehmer zur gegenseitigen Rücksicht anhalten.

Eine Erwartung, die aus Sicht von Stadt und Polizei bis heute erfüllt wird. Günter von Spreckelsen teilt diese Einschätzung gar nicht. Der Studiendirektor am Gymnasium beurteilt die Situation sehr kritisch: "Hier kommt es immer zu brenzligen Situationen. Jeden Tag."

Mitten zwischen drei Schulen und einem Kindergarten gelegen, ist die Kreuzung stets im Fokus der Ordnungshüter. Diese spezielle Lage mit ihrem hohen Fußgängeraufkommen mit Schulkindern barg vor der Umgestaltung ausreichend Diskussionsstoff, wie sich auch Ordnungsamtsleiter Reinhard Schneider erinnert. "Klar war das ein großes Thema, auch in den Schulen."

So ist es keine klassische Kreuzung mit einer Rechts-vor-Links-Regelung. Durch die mit einem Bordstein optisch zum Asphalt abgegrenzte Aufpflasterung in der Mitte des Aufeinanandertreffens von Kastanienallee und In den Eschen wird "Rechts vor Links" aufgehoben.

Zum Beispiel: Wer die Kastanienallee in Richtung Buchenweg befährt, muss an der Einmündung In den Eschen die Vorfahrt achten: Linksabbieger von der Kastanienallee in Richtung Lindenstraße haben Vorrang. "Das ist vielen Autofahrern nicht klar", sagt von Spreckelsen. Und der Gymnasiallehrer, der seit den 1970er-Jahren dort unterrichtet, liegt damit nicht so falsch.

Zu den Hauptverkehrszeiten - Schulanfang und Schulende - ist das Verhalten einiger Fahrzeugführer tatsächlich fragwürdig. Da regiert schon mal das Gaspedal - nicht die Rücksicht. Da fordert ein Mann im weißen Golf III sein Vorfahrtsrecht ein, will nach links in die Straße In den Eschen abbiegen. Die Frau am Steuer eines blauen Twingo reagiert kopfschüttelnd und fährt die Kastanienallee stur geradeaus weiter.

"Scheibenwischer", "Vogel zeigen", "Stinkefinger": Die Reaktionen sind so vielfältig wie alltäglich. Auch der Leiter der Wülfrather Polizeiwache, Polizeihauptkommissar Ulrich Kessler, räumt ein: "Das Benehmen ist oft nicht gut und respektlos. Auch Polizeibeamten gegenüber." Dass die Kreuzung gefährlich sei, sieht er aber nicht. "Hier gibt es keine Unfälle", stellt er fest.

Günter von Spreckelsen berichtet von kleinen Zusammenstößen, "zu denen es immer mal kommt". Das Gefährlichste aus Sicht des Studiendirektor ist aber: "Die unklare Regel-Auslegung führt zu Unsicherheit unter den Schülern, gerade bei den Jüngeren." Daher mahnt er eine Änderung an, "die allen Verkehrsteilnehmern klar macht, wie sie sich zu verhalten haben".

Kessler hält davon nichts. "Wenn jetzt etwas an der Verkehrsregelung verändert wird, kann das erst recht zu Unsicherheit führen. Vielleicht kommt es in der Gewöhnungsphase zu Unfällen. Wir haben dort keinen Handlungsbedarf."

Auch die Stadt hat keine Erkenntnisse, dass die Kreuzung eine Gefahr darstellen könnte. Schneider will nicht ausschließen, "dass sich in all den Jahren das Verhalten der Verkehrsteilnehmer so abgeschliffen hat, dass die allgemeine Rücksicht und Vorsicht an der Kreuzung nicht mehr greift. Wenn das so ist, müsste man einschreiten." Darauf gebe es aber keine Hinweise, "von keiner Seite". Polizeichef Kessler kündigt bereits an, "dass die Kollegen mal einen näheren Blick auf die Situation werfen werden".

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