Wülfrath: Das Jugendrotkreuz probt geschminkt den Ernstfall

Mit einer eigenen Schmink-Gruppe imitiert das Jugendrotkreuz schwere Verletzungen und probt Einsätze. Mitmacher werden noch gesucht.

Wülfrath. Kathrin ist verletzt. Auf dem Arm der Zwölfjährigen zeugt eine blutige Schnittverletzung von ihrem Unfall. Auch Matthias (19) hat was abbekommen, sein rechtes Handgelenk ist blau-rötlich gefärbt und sieht nach Schmerzen aus.

Niemand behandelt die beiden, es kommen sogar immer neue Wunden und Verletzungen dazu - das ist auch so gewollt. Auf einem Infoabend wirbt das Jugendrotkreuz (JRK) so mit viel Praxis für seine Schminkgruppe.

Eine eigene Gruppe, nur um Notfälle zu imitieren? "Bei Übungen müssen die Sanitäter so schnell sein können, wie im richtigen Einsatz", erklärt Isabel Dietrich, Gruppenleiterin beim JRK. Unecht wirkende Wunden würden die Helfer nur unnötig verwirren. Richtige Verletzungen auf den ersten Blick zu erkennen, gehört zu ihren Aufgaben.

"Wir verstreichen zuerst ein wenig Wachs auf Kathrins Arm", erläutert Marcel Pfeiffer (19). Der Erkrather ist ein echter Schminkprofi und wurde extra zur Vorstellung eingeladen. "In das Wachs, das die Haut darstellt, machen wir einen Schnitt und zupfen die Wundränder auseinander."

Für schwache Nerven ist das Miniatur-Massaker nichts. "Die wöchentliche Gruppe hat Platz für 20 Jugendliche und wird kostenlos sein", sagt Isabel Dietrich. Währenddessen werden an den Nachbartischen Veilchen und Splitterverletzungen nachgestellt. Schminker Jan Meese hat schon mehrere Probeeinsätze mitgemacht.

"Im letzten Herbst haben wir in Düsseldorf einen Rheinbahn-Unfall vorbereitet. Da waren 70 bis 80 geschminkte Mimen dabei. Die Verletzungen reichten von Schürfwunden bis zur Amputation."

Parallel nimmt Kathrins Schnitt schockierend echte Form an: "Das Kunstblut aus den Venen ist dunkler, als das aus den Arterien. Man muss also anatomische Kenntnisse besitzen, damit der behandelnde Sanitäter weiß, wie er vorgehen muss", sagt Marcel und pumpt die rote Flüssigkeit in die falsche Fleischwunde.

Um an Schminkeinsätzen teilnehmen zu können, müssen die Jugendlichen mehrere Lehrgänge besuchen, auch ein Erste-Hilfe-Kurs ist Pflicht. Auftraggeber für die Schminker ist meist die Feuerwehr. Und die hat Bedarf an gutem Schauspiel. "Um die Situation lebensecht zu machen, dürfen die Mimen nicht geräuschlos rumliegen", erklären die erfahrenen Rotkreuzler den "Unfallopfern".

"Wir hoffen, dass sich viele Interessenten melden", sagt Isabel Dietrich - ihr Mann Uwe bekommt soeben einen Metallsplitter in den Arm geschminkt. "Durch die Nachmittagsbetreuung der Schulen fehlen uns die Kinder und Jugendlichen. Momentan haben wir nur zwei aktive Mitglieder."

Die Bilanz der blutigen Vorführung: Eine Verbrühung, mehrere Schnitte, blaue Flecken, zwei Glassplitter - und morgen ist davon nichts mehr zu sehen.

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