Wülfrath: „Hühner sind für die Menschen in Togo wie Geld auf der Bank“

Seit zehn Jahren unterstützt der Wülfrather Verein „Hilfe für Kleinbauern in Togo“ die Selbsthilfe in dem westafrikanischen Land. Ein Gespräch mit dem Vorsitzendem Eberhard Karbe.

Wülfrath. Der Wülfrather Verein "Hilfe für Kleinbauern in Togo" wird in diesem Jahr zehn Jahre alt. Gründer und Vorsitzender Eberhard Karbe zieht im Interview mit der WZ Bilanz.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Karbe. Ihre Togo-Aktion wird zehn Jahre alt. In 139 Dörfern sind Sie mit Ihren Impf-Aktionen aktiv. Wie behält man da den Überblick?

Karbe: Zehn Jahre erfolgreiche Hilfe war nur möglich, weil wir von unseren Spendern großzügig unterstützt wurden. Den Überblick über 139 Dörfer behalten wir durch die uns übermittelten Impfzahlen. Außerdem besuchen wir jedes Jahr etwa 30 Dörfer und vergleichen die Zahlen mit den Impfheften der Veterinärhelfer.

Können Sie sich noch an das erste Dorf erinnern? Wie waren die Reaktionen auf Ihr Vorhaben?

Karbe: Das erste Dorf heißt Dédomé in der Region Plateau. In der ersten Kampagne lehnte ein Teil der Kleinbauern das Impfen ihrer Hühner ab, obwohl das Projekt alles bezahlte. Als ihre ungeimpften Tiere dann an der Newcastle-Krankheit starben und alle geimpften im Dorf nicht erkrankten, ließen in der zweiten Kampagne fast alle Kleinbauern impfen.

Können Sie grob beziffern, wie viel Geld in diesen Jahren aufgebracht wurde?

Karbe: Für die Arbeit in den Dörfern wurden von 2000 bis 2009 500.000 Euro und 95.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt, davon 156.000 Euro aus Privatspenden aus Deutschland.

Hat sich in den zehn Jahren das Verhalten der Behörden vor Ort verändert?

Karbe: In den zehn Jahren sind wir von den lokalen Präfekten mit großem Wohlwollen und Dankbarkeit begrüßt worden. Allerdings gibt es jetzt Schwierigkeiten bei der erstmaligen Importgenehmigung eines hitzetoleranten Impfstoffes aus dem benachbarten Ghana. Bei diesem Impfstoff benötigt man in den Gegenden ohne Elektrizität keine teuren Gaskühlschränke. Der niedrige Preis würde es den Kleinbauern zudem ermöglichen, die Finanzierung der Impfungen nach unserer Einführung selber zu stemmen. Und das ist Voraussetzung für Nachhaltigkeit.

In ihrem jüngsten Bericht zitieren Sie eine Einwohnerin, die stolz erzählt, nun zehn Hühner zu haben. Skizzieren Sie, was dieser "Reichtum" bedeutet.

Karbe: Ein Huhn bringt in Togo etwa zwei Euro, ein großer Hahn fast vier Euro. Familien erzeugen mit der Hacke in der Hand ihren Nahrungsmittelbedarf (Yamswurzel, Mais, Bohnen etc.) und verkaufen Überschüsse auf dem Markt. Die meisten haben keine Möglichkeit zum Anbau von Kaffee, Kakao oder Baumwolle und verdienen dann im Jahr zum Teil wahrscheinlich weniger als 150 Euro. Hühner sind wie Geld auf der Bank, man kann sie jederzeit verkaufen. Mit dem Verkauf von einem Huhn kann man 25 Impfungen bezahlen. Und in Togo erhält man für zwei Euro ein Medikament, um einen Malaria-Patienten zu Hause zu behandeln. Bei uns käme man für mehrere Tage ins Krankenhaus.

Hat sich Ihr Verhältnis zu Togo, zu Afrika verändert, seit Sie das Projekt initiiert haben?

Karbe: Ich habe vor 30 Jahren als Experte der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit vier Jahre lang in Togo wissenschaftlich gearbeitet. Schon damals habe ich das Land kennen- und schätzen gelernt. Aber die intensive Zusammenarbeit mit der ländlichen Bevölkerung hat mein Verständnis, meine Sympathie und mein Mitgefühl für die schuldlos, schicksalhaft Armen nun sehr verstärkt.

Ihre Hilfe hat etwa zehn Prozent Ihrer Zielgruppe erreicht. Wie viele Menschen sind das? Welches Ziel haben Sie?

Karbe: Togo hat etwa sechs Millionen Einwohner, vermutlich etwa die Hälfte lebt auf dem Land. Über die Hälfte von diesen Menschen hat in ihrer Nähe keinen elektrischen Strom zum Betreiben preiswerter Kühlschränke für den üblichen hitzeempfindlichen Impfstoff. Das ist unsere Zielgruppe mit vielleicht 1,5 Millionen Einwohnern. Wenn unsere 139 Dörfer durchschnittlich 1200 Einwohner haben, dann haben wir bisher schon mehr als 160 000 Togoer mit unserer Hilfe erreicht.

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