Velbert: Gymnasien wechseln den Takt

Anstatt 45 Minuten dauern die Unterrichtsstunden am Nikolaus- Ehlen- und Geschwister-Scholl- Gymnasium künftig 67,5 Minuten.

Velbert. Schule verändert sich. Gerade in den letzten Jahren überschlagen sich die Reformen. Begriffe wie "Turbo-Abi" machen Schüler und Eltern eher ängstlich als zuversichtlich.

Doch dass Veränderungen auch Chancen bieten, zeichnet sich besonders an den Velberter Gymnasien ab. Sie alle haben ein Ziel: den Schulalltag zu entschleunigen. Konzentrierteres und entspanntes Lernen, längere Vertiefungs- und Übungsphasen und mehr Raum für soziales Miteinander werden angestrebt. Dass 45 Minuten pro Fach da nicht ausreichen, ist klar.

Das Nikolaus-Ehlen- und das Geschwister-Scholl-Gymnasium arbeiten ab dem nächsten Schuljahr deshalb in einem anderen Zeitrhythmus und steigen auf das sogenannte 67,5 Minuten-Takt-Modell um. Die Unterrichtszeit bleibt gleich, nur die Einheiten verlängern sich. So entsprechen zum Beispiel drei Unterrichtsstunden Deutsch zukünftig zwei neuen 67,5 Minuten-Einheiten.

Anlass für den Taktwechsel ist der G8-Zweig, der die Verkürzung von 13 auf 12 Schuljahre festsetzt. Sieben oder acht Einzelstunden an einem Vormittag sind da keine Seltenheit. Die Umstellung auf viele verschiedene Lehrer, Fächer und Inhalte ist für viele Schüler ein Problem. Die vollgepackte Schultasche auch. "Mit dem 67,5 Minuten-Takt-Modell kommt Ruhe in die Klassen. Ein Thema kann abgeschlossen und mit Vertiefungsphasen eingehender behandelt werden", sagt Angelika Vogt, Rektorin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums. Wie Werner Schuhmacher-Conrad, Rektor des Nikolaus-Ehlen-Gymnasiums, ist sie überzeugt von der neuen Taktung. "Es gilt nicht, möglichst viel in kurzer Zeit zu lernen, sondern möglichst erfolgreich und nachhaltig", sagt Werner Schuhmacher-Conrad.

Das sieht auch Axel Plitsch, Schulleiter des Gymnasiums in Langenberg, so. Dort läuft seit einem Jahr das "Gemäßigte Doppelstundenmodell" mit großem Erfolg. Ist die erste Stunde noch in den regulären 45 Minuten gehalten, folgen zwei Doppelstunden à 90 Minuten, auf die wieder eine Einzelstunde folgt: "Eltern und Lehrer wollen bei diesem Modell bleiben. Es ist übersichtlicher", sagt Plitsch.

Mit den neuen Zeitmodellen soll auch den Grundschuleltern die Angst vor dem Gymnasium genommen werden: "Kinder, die früher für das Gymnasium geeignet waren, sind es auch jetzt noch für den G8-Zweig", betont Schuhmacher-Conrad. Verwaltungstechnisch ist die Umsetzung jedoch mit großem Aufwand verbunden. Lehrerarbeitszeiten und die Stundenzahl der Schüler sind minutiös ausgerechnet.

Diskussionen in der Lehrerschaft gab es trotzdem. Fachspezifische Nachteile bilden sich besonders für die Lehrer, die ihre Schüler dann nur noch einmal in der Woche sehen. "Es wird auch Fortbildungen für Lehrer geben. Der eigene Unterricht muss mit neuem Blick betrachtet, neue Methodiken müssen entwickelt werden", sagt Rektorin Vogt.

Für das Modell begeistern ließ sich vor allen Dingen die Elternschaft. Die Schüler müssen sich allerdings erst einmal von den versprochenen Vorteilen selbst überzeugen. Ein Jahr Probelauf geben die Rektoren dem System. Die Zeittaktumstellung hat auch außerhalb des Schulgeländes Auswirkungen: Die Belegungszeiten der Sportstätten sowie die Fahrtzeiten der Busse müssen angepasst werden.

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