Tönisheide: Fußballfan Demmig - Der beste Platz ist hinterm Tor

Wenn Balack & Co. am Freitag in Shanghai gegen China antreten, ist Carsten Demmig mit seinem Tönisheide-Banner wieder dabei. Sein Ziel: Die Fahne soll ins Fernsehen.

Tönisheide/Neviges. "Normale" Fußballfans, die jubeln auf der Tribüne über Tore. Andere bringt eine gelungene Parade des Keepers in Verzückung.

Bei Carsten Demmig reicht eine SMS, um ihn in Hochstimmung zu versetzen - da kann der Kick auf dem Rasen noch so grottig sein. "Die Fahne war drin." Diese Worte auf dem Handy reichen.

Dann weiß der 32-Jährige: "Ich habe es wieder ins Fernsehen geschafft." Oder, besser gesagt, seine Fahne. 5,50 mal einen Meter groß, schwarz-rot-gold die Farbe, mit dicken Lettern beschrieben. "Tönisheide" ist darauf zu lesen.

Und wenn die deutsche Nationalmannschaft spielt, sind Demmig und seine Fahne meistens dabei. So auch an diesem Freitag, wenn Michael Ballack & Co. in Shanghai gegen China antreten.

Schon lange vor dem Anpfiff beginnt der übliche "Kampf". Denn Demmig ist nicht allein. Schlachtenbummler mit großen Fahnen gibt es viele, bis zu 50 schätzt der Tönisheider - "und auch noch viel verrücktere als mich", wie er mit einem dicken Grinsen erklärt.

Ein Ziel haben sie alle gemein. Ihre Fahne möglichst fernsehgerecht im Stadion zu platzieren, damit kein Kameramann an ihr vorbei kommt. "Am besten hinter dem Tor", weiß Fachmann Demmig.

Da wird stundenlang rund um die Eingänge getigert, immer in der Hoffnung, dass eine Tür früher als die andere geöffnet wird. "Manche klettern sogar nachts über den Zaun."

Wenn es dann soweit ist, geht es rund. Das Gedränge beim Winterschlussverkauf dürfte nichts dagegen sein. "Da wird auch schon mal ein 400-Meter-Sprint hingelegt", weiß Tobias Kilian, Kumpel von Christian, dessen Neviges-Flagge bei praktisch jedem Spiel des Wuppertaler SV hängt.

"Nur bei Länderspielen bin ich eher selten." In Cardiff, als die DFB-Elf auf die Waliser traf, waren die beiden WSV-Fans aber gemeinsam dabei.

Und bei Carsten geht der Trend jetzt sogar zur Zweitfahne. "Rot-blau soll die werden, für die WSV-Spiele." Seine Deutschland-Fahne wird dafür weiterhin bei Yogis Buben hängen. "Es war ja schließlich auch eine Riesenaktion, die zu bauen", erinnert sich der Energieberater.

Den Stoff aus dem Baumarkt hatte er zusammennähen lassen, dann im Wohnzimmer ausgebreitet und sorgfältig mit Acrylfarbe "Tönisheide" drauf gemalt. Gewaschen werden darf das gute Stück natürlich nicht. "Wenn’s es mal beim Spiel regnet, wird sie halt getrocknet." Das muss reichen.

Warum schleppen die beiden aber überhaupt zu jedem Spiel die Fahnen mit? Eine richtige Erklärung gibt’s eigentlich nicht. "Wir haben das halt bei den anderen gesehen." Sein erstes Länderspiel sah Carsten Demmig 1995, die Fahne begleitet ihn aber erst seit gut eineinhalb Jahren. Tobias Kilian hatte seine schon gut ein Jahr früher.

"Hier war ich überall schon", sagt Demmig und präsentiert ein dickes Bündel alter Eintrittskarten. Bukarest ist zum Beispiel dabei, Glasgow - "mein Lieblingsstadion" - oder auch Tórshavn, die Hauptstadt der Färöer-Inseln.

"Das war schon ein tolles Erlebnis. Allein der Flug, um dort hin zu kommen." Ein besonderes Präsent gab es beim Gastspiel in Liechtenstein: Deutsche Fans erhielten gleich eine Dauerkarte. Ob er die noch mal einlösen wird?

Probleme mit der Fahne hatte er noch nie in den fremden Stadien. Shanghai dürfte da keine Ausnahme bilden. Nur eine Partie der deutschen Mannschaft wird Demmig dieses Jahr verpassen - wenn es in Dubai gegen die Vereinigten Arabische Emirate geht.

"Da habe ich eine Prüfung." Aber auch für den Familienurlaub mit Frau und Kind verzichtete er schon mal auf Spiele. Um jeden Preis muss die Fahne dann doch nicht ins Fernsehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort