Theater in Wülfrath: Der Vorhangzieher ist der Star

„Heute weder Hamlet“ begeistert das Publikum. Wuppertals Intendant zieht Stadthalle als Ausweichquartier in Betracht.

Wülfrath. "Einfach brillant", fand Daniel Diekmann die Vorstellung von "Heute weder Hamlet oder eine Vorstellung fällt aus" am Sonntagabend in der Stadthalle. Vor rund 100 Zuschauern überzeugte Schauspieler Thomas Braus in seinem Ein-Mann-Stück als Vorhangzieher Ingo Sassmann - eine Hommage an einen unterschätzten Beruf.

Ingo Sassmann, einst ein gefeierter Schauspieler, arbeitet heute zum Vorhangzieher degradiert im Theater. "Hamlet" sollte es an diesem Abend geben, doch Hauptdarsteller Frank William Motzenklotz hat sich das Bein gebrochen und die Vorstellung fällt aus.

Doch das Publikum bleibt einfach sitzen. Und Sassmann, der eigentlich an diesem Abend den roten Samtvorhang in Bewegung halten sollte, sieht seine Chance - und spielt.

Mit Hamlet kennt er sich schließlich aus, hat er ihn einst selbst gegeben. Doch während er Shakespeares wahrscheinlich "bestes Stück" in Kurzform darstellt, gibt er Einblicke in sein Leben und seine Arbeit. Zum Beispiel in den Kampf mit verwöhnten Schauspielern, die seinen Beruf nicht zu würdigen wissen.

"In Drehbüchern heißt es immer ’der Vorhang fällt’. Aber das macht er doch nicht alleine. Sondern ich", beklagt er sich. Ohne Vorhangzieher würde im Theater nichts laufen. Denn der Vorhang verändert ein Stück. "Ich kann einen Vorhang auf 1000 verschiedene Arten öffnen und schließen: ankündigend, hoffnungsfroh, tragisch oder ahnungsvoll." Und das Publikum wurde überzeugt. In Zukunft wird der Vorhang bei den Zuschauern vielleicht einen anderen Stellenwert haben.

"Der Schauspieler war grandios. Er hat das Publikum richtig in seinen Bann gezogen", sagt auch Besucherin Karin Schlüter. Für die Theaterabonnentin war das ein besonderer Höhepunkt. "Ich habe schon einige Stücke gesehen. Aber das war wirklich sehr gut." Dabei ist sie eine der wenigen, die vom Kulturprogramm der Stadt gelockt wurde. Mit 100 verkauften Plätzen war die Stadthalle am Sonntagabend nicht einmal halb gefüllt.

Eigentlich habe die Halle genau die richtige Größe für solche Veranstaltungen, findet auch der Generalintendant der Wuppertaler Bühnen Gerd Leo Kuck. Er denke sogar darüber nach, die Stadthalle als Ausweichobjekt zu nutzen, solange das Wuppertaler Schauspielhaus renoviert wird.

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