Stephan Tang: Der Experte für scharfe Klingen

Messer- und Scherenschleifer Stephan Tang macht Schneidwerkzeuge aller Art wieder funktionstüchtig. Dafür kommen sogar Ratinger nach Wülfrath auf den Wochenmarkt.

Wülfrath. Die „Mikroverzahnung“ einer Haarschneideschere — auch für Messer- und Scherenschleifer Stephan Tang eine Herausforderung. Alle vier Wochen steht der Handwerker auf dem Wülfrather Wochenmarkt, um stumpfe Messer und Scheren jeglicher Art — vom ausgefallenen asiatischen Hackschneidemesser bis zur Gartenschere — wieder scharf zu machen. Die Haarschneideschere aber müsse er mitnehmen und in Ruhe bearbeiten, erklärt er seiner Kundin. Für Marion Ströttgen kein Problem: „Ich hole sie dann in vier Wochen ab.“

Er habe den Scherenschleifer aus Solingen, der auch Solinger Schneidwaren anbietet, in Essen kennengelernt, sagt Richard Seidler, der seit zwölf Jahren in Wülfrath als Marktmeister tätig ist. „Ich suche immer nach neuen Ständen. Zwar habe er 30 Standbetreiber und eine aus seiner Sicht gute Mischung aus Textilien und Lebensmitteln, aber es komme immer wieder vor, dass jemand abspringe.

Richard Seidler, der eigentlich schon im Ruhestand ist und sich im Auftrag der Stadt um den Markt kümmert, ist auch in der Woche unterwegs, um neue Marktbeschicker zu finden. „Ich fahre dann schon mal bis nach Dortmund“, erzählt er und zeigt auf einen Standbetreiber, der sogar aus Werne an der Lippe nach Wülfrath reist — immerhin rund 80 Kilometer weit.

Scherenschleifer Stephan Tang bekommt, nachdem er soeben ein Rasenmäher-Messer geschliffen hat, derweil neue Kundschaft: Ulrike und Jörg Hermann sind aus Ratingen gekommen, um einige Fleischmesser schärfen zu lassen. „Wir waren immer neidisch auf den Metzger und seine scharfen Messer“, sagt Ulrike Hermann. „Als wir in der WZ von dem Termin erfahren haben, wollten wir die Sache endlich in Angriff nehmen.“

Dass sich das Messerschärfen lohnt, demonstriert Stephan Tang mit einem Bogen Zeitungspapier: Mit einem stumpfen Messer sieht das Papier eher durchgerissen aus, mit einem scharfen ergibt sich ein grader Schnitt. Das Messer ist jetzt sogar so scharf, dass Tang sich selbst verletzt. „Eine masochistische Ader muss man in dem Job schon haben“, sagt er lachend. Man könne auch den Haar-Test machen, sagt er: Während stumpfe Messer an langen Haaren abrutschen, würden scharfe quasi an den Haaren klebenbleiben. „Und wenn man dann nicht aufpasst, ist die Frisur ruiniert.“

Wie oft ein Messer geschliffen werden müsse, sei pauschal nicht zu sagen, sagt der Messer-Experte. „Das ist wie beim Auto. Es kommt ganz auf den Gebrauch an, wie oft man zur Inspektion muss.“ Wird auf Holz anstatt auf Keramik geschnitten, sei die Abnutzung nicht so groß.

Schließlich verschwindet Stephan Tang in seinem Transporter mit dem Schleifbock und macht sich an die Arbeit: „In einer halben Stunde können Sie wieder kommen“, verspricht er den Kunden.

Richard Seidler sagt unterdessen, dass er sich im kommenden Jahr endgültig zur Ruhe setzen möchte. „Mit siebzig Jahren sollte doch Schluss sein.“ Bis dahin hat er vor allem einen Wunsch: „Es wäre schön, wenn mehr jüngere Leute den Markt besuchen würden.“

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