Seidlers letzte Marktrunden

Der Marktmeister gibt im Februar seinen Job ab. Der Einrichtung auf dem Diek bleibt Richard Seidler aber verbunden: „Der Markt ist mein Kind.“

Wülfrath. Heute ist es noch mal so wie immer in den vergangenen 14 Jahren im Hause Seidler. Um vier Uhr schellt der Wecker, kurz nach fünf Uhr steht er am Diek. Dann trudeln so nach und nach die Marktbeschicker ein. Richard Seidler begrüßt sie. Ein kleines Gespräch da, ein nettes Wort dort. Die Händler und der Marktmeister kennen sich, schätzen sich. Im Februar trennen sich diese offiziellen Beziehungen. Der ehemalige Ordnungsamtsmitarbeiter geht in den Ruhestand.

„Es ist einfach an der Zeit. Ich werde schließlich nicht jünger“, sagt Seidler im WZ-Gespräch, Am 13. Februar feiert er seinen 70. Geburtstag. Am 11. Februar dreht er seine letzten Runden als Marktmeister. „Klar ist dann da ein bisschen Traurigkeit dabei. Aber das ist dann okay, wirklich.“ Große Worte und allzu viel Wehmut sind seine Sache nicht. Dass der Wülfrather Wochenmarkt nicht nur Beschäftigung, sondern eine Herzenssache ist, wird schnell klar, wenn der Ruheständler erzählt. „Ich bin ganz nah dabei. Der Markt ist ein Kind für mich“, sagt er — und es klingt keine Spur pathetisch.

Für „sein Kind“ hat er in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Dabei beschränkte er sich längst nicht auf die Tätigkeit am Samstagmorgen. Zur Kontaktpflege hat er die Händler regelmäßig zu Treffen eingeladen. Überhaupt: Seidler lebt für den Wochenmarkt als eine Institution. „Ich bin in ganz NRW auf Märkten unterwegs gewesen, habe mir Anregungen geholt und Verhandlungen mit möglichen Händlern für den Wülfrather Markt geführt. Das gehört dazu, wenn man den Posten Marktmeister ernst nimmt“, sagt er.

Er bedauert, dass die Zahl der Kunden, die den Weg Samstagvormittag auf den Markt finden, rückläufig ist. „Die jungen Leute bleiben einfach weg“, hat er beobachtet. Die würden lieber ausschlafen und kaufen dann im Supermarkt oder beim Discounter. „Dabei ist das Erlebnis Wochenmarkt nicht nur von der Atmosphäre schöner, sondern auch von der Qualität her besser.“ Er verweist auf Gemüse und Obst, „was alles frischer ist“. Oder der Käse-Händler: „Da findest du einen Geschmack. Klasse.“ Das sei zwar etwas teurer, „aber eben auch qualitätsvoll“.

Einen Marktmeister à la Seidler wird es in Wülfrath vorerst nicht wieder geben. Ein Verein, der auch den Velberter Markt betreut, wird für zunächst ein Jahr die Organisation übernehmen. Und Seidler? Er bleibe dem Markt treu. „Auf den Markt werde ich immer gehen. In Zukunft nur etwas später. Der Markt ist doch mein Kind.“

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