Ratingen: Jugendamt - Millionen für die Erziehung

Die Kosten für die Erziehungshilfe sind in diesem Jahr explodiert. 7,2 Millionen gibt das Jugendamt aus, um Kindern und Eltern zu helfen. Gut investiertes Geld, findet die Verwaltung.

Ratingen. Oft sind es ganz kleine Anzeichen, die auf das Drama hinweisen, das sich hinter verschlossenen Wohnungstüren abspielt. Etwa, wenn ein Kind ungepflegt in den Kindergarten kommt, schlecht ernährt oder angezogen ist, wenn es plötzlich Ängste oder Zwänge hat, oder wenn es schlicht gar nicht mehr kommt. Immer häufiger rufen aufmerksame Kindergärtner, Lehrer oder Ärzte dann das Jugendamt auf den Plan. Immer häufiger kommen aber auch überforderte Eltern aus eigenem Antrieb auf die Pädagogen zu. "Es hat sich ’rumgesprochen, dass wir eine kompetente Anlaufstelle sind", meint Holger Waltersdorf, Abteilungsleiter für Familienhilfe. Herumgesprochen hat sich auch, dass das Jugendamt helfen muss, grundsätzlich, wenn auch in "angemessener Weise". Das kann sehr unterschiedlich aussehen, die Angebote sind so vielfältig wie die Probleme. Von der einmaligen Beratung über Gruppenarbeit für auffällige Kinder, Halbtagsbetreuung in einer heilpädagogischen Einrichtung bis zum Erziehungshelfer, der regelmäßig nach dem Rechten schaut, reichen die ambulanten Maßnahmen.

Möglichst frühzeitig Schäden abwenden, so heißt die Devise

In diesem Bereich explodieren derzeit auch die Kosten: 7,2 Millionen werden in diesem Jahr voraussichtlich ausgegeben, etwa 50 Prozent mehr als noch 2006. Wirklich unzufrieden ist mit der Entwicklung dennoch niemand. Denn je mehr präventive Arbeit geleistet wird, desto geringer sind die Schäden in späteren Jahren. "Frühzeitig eingreifen", lautet die Devise des Jugendamtes. Dazu müssen überforderte Eltern nicht einmal vorstellig werden - das Amt wird auch von sich aus tätig. "Wir haben eine Wächteraufgabe, die wichtiger wird, je jünger die Kinder sind", erklärt Jugenddezernent Rolf Steuwe. Ratingen hat, so meint er, ein gut funktionierendes Netzwerk aus Institutionen, die Missstände melden. Dass die Zahl der Heimunterbringungen zehn Jahre lang weitgehend konstant war, wertet das Amt als Erfolg dieser Strategie. Denn erst, wenn ambulante Maßnahmen versagen, wenn die Eltern nicht mitziehen oder wenn Gefahr droht, werden Kinder und Jugendliche auch in Heimen untergebracht. "Wir bemühen uns darum, dass das Kind in der Familie bleiben kann", sagt Jugenddezernent Rolf Steuwe. Nicht ganz uneigennützig, schließlich ist die Heimunterbringung mit Abstand die teuerste Maßnahme. Steigende Kosten in der Erziehungshilfe sind übrigens kein spezifisches Ratinger Problem. Bundesweit zeigt sich das gleiche Bild, auch den Nachbarn im Kreis geht es nicht besser. "Wir stehen mit den Kollegen in ständigem Kontakt, beziehen deren Erfahrungen mit ein", sagt Steuwe. Vergleichsweise stünde Ratingen noch sehr gut da. Allerdings: Besserung ist nicht in Sicht. "Die Probleme in der Gesellschaft werden ja nicht geringer."

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