Ratingen: Jecken kennen keine Krise

Karneval: Mit dem Rathaussturm wurde am Donnerstag die heiße Phase der fünften Jahreszeit eingeläutet.

Ratingen. Finanz- und Wirtschaftskrise? Na und! Die Ratinger Jecken lassen sich davon weder beeindrucken noch einschüchtern: Sie läuteten am Donnerstag mit dem Sturm aufs Rathaus die heiße Phase des Karnevals ein. Und allem Gerede von den schweren Zeiten zum Trotz - oder gerade deswegen - feierten sie so zahlreich und ausgelassen wie schon lange nicht mehr.

Angesichts der schieren Übermacht der Möhnen und anderen Narren hatte Bürgermeister Harald Birkenkamp schnell der Mut verlassen. Verkleidet als Zimmermann (was zu süffisanten Wortspielen führte: "der Bürgermeister als Zimmermann - oder umgekehrt") verteidigte er mit dem Kinderprinzenpaar nicht sehr nachhaltig seinen Verwaltungsbau.

"Hat keinen Zweck, ich ergebe mich", rief er überpünktlich um 11.11 Uhr aus dem ersten Stock des Ratstraktes der Menge auf dem Vorplatz zu und schwenkte die weiße Fahne. Dann eilte er schon davon, um Prinzessin GabrieleI. den symbolischen Rathausschlüssel zu überreichen.

Mit "Rathaussturm, helau!" und "Spaß, helau!" stürmte, oder besser betrat GabrieleI. mit Gefolge dann den Ratstrakt und machte den Fraktionen ihre Aufwartung. Mit ihr fegte Schirmherrin Ulrike Gloyna durch die Räume - hinreißend verkleidet als schwarze Witwe mit einer gleichnamigen Riesenspinne auf dem Kopf.

Bei der Bürger Union im erstern Stock tummelten sich Gäste jeglicher politischer Couleur und aus der Verwaltungsspitze. Zu Mettbrötchen und Berlinern zapfte BU-Parteichef Paul Feldhoff Altbier, Angela Diehl verteilte steinharte Lebkuchen-Orden (die gibt der Zahnarzt seiner Familie). Feldhoff fehlte noch ein wenig die Spritzigkeit, was man ihm aber nachsah: Schließlich hatte er zuvor bis tief in die Nacht gefeiert.

Dezernent Dirk Tratzig kam als Mischung aus Zorro und Musketier daher, Projektmanager Siegfried Aring ging als arabischer Scheich. "Isch bin aus de Emirate. Wat kost’ denn der Quatsch hier? Isch kauf’ dat!", nahm er die Rathaus-Sanierung aufs Korn, die er betreut. Susanne Stocks, Fraktionschefin der Grünen, hatte sich als "Kampfmolch" verkleidet - in Anspielung auf das Hickhack um die Molche beim Bau der Bezirkssportanlage.

Mittendrin im Getümmel eine Handvoll Matrosen - vom Schnellboot "Wiesel", mit dem die Stadt eine Patenschaft hat. Für die Jungs mit den echten Uniformen war das Bützen ein echter Nahkampfeinsatz.

Bei der CDU wurden Erfrischungen gereicht: offene Fenster. Tatäää! Stadtverbandschef Rolf Steuwe sorgte jedoch mit seiner Verkleidung als Cäsar (andere sagten als "Brutus") für Aufsehen. Ansonsten ging es recht locker zu. Bürgermeisterkandidat Stephan Santelmann wurde jedoch vermisst. Er war in Köln geblieben.

Nebenan herrschte bei der neusten Fraktion im Rathaus, den Freien Wählern Ratingen, dichtes Gedränge. Bei leckeren Schnittchen, Alt und Sekt gab man sich die Klinke in die Hand. Ein Clownspüppchen in der Ecke mit einem Schild "Sechstes Fraktionsmitglied - Hanno" sorgte für reichlich Heiterkeit, nur bedingt aber bei der CDU. Der Betroffene, Ratsherr und Landwirt Hanno Paas, konnte dann manchen verkrampften Mundwinkel entspannen: Ich bleib’ erstmal in der CDU", lachte er.

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