Ratingen: Herr Pfarrer mag alte Knochen

Stephan Weimann forscht in seiner Freizeit über lang vergangene Zeiten – und gibt sein Wissen auch weiter.

Ratingen. Versteinerte Korallen, Muscheln und Krebstiere aus lange vergangener Zeit, der Unterschenkelknochen eines Mammuts - auf dem Tisch in Stephan Weimanns Pfarreiwohnung sieht es aus wie im Archiv eines Museums, denn der 47-jährige Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde ist leidenschaftlicher Hobbyhistoriker und Sammler. Und zu seiner Sammlung gehören eben auch einige Fossilien. Mit zwölf Jahren hat Weimann, der in Bonn Theologie und Schwedisch studiert hat, damit angefangen, sich seinen Fundus aufzubauen.

"Ich bin froh, dass meine Frau Myriam damit einverstanden ist, hier ist ja schon alles voller Sachen", sagt Weimann lachend und fügt hinzu, "ich interessiere mich ja im Allgemeinen sehr für Geschichte, nicht nur für die Urzeit." Ihn fasziniert es vor allem, dass jedes seiner Stücke eine eigene Geschichte zu erzählen hat. "Man muss nur die Sprache lesen können."

Ein paar Stunden in der Woche, wenn es sein Beruf erlaubt, beschäftigt sich der Pfarrer mit seinem Hobby. Dann wird recherchiert, gelesen und auch im Internet geforscht. Eines findet er besonders wichtig: "Man sollte seinen festgefahrenen Meinungen niemals trauen." Denn immer wieder stößt er bei seinen Forschungen auf Überraschendes, das er selbst vorher nicht erwartet hätte. Das Wissen, das Weimann ansammelt, möchte er auch weitergeben.

Er hat deshalb gerade erst einen kindgerechten und mit vielen Bildern ausgestalteten Vortrag im Gemeindehaus am Alten Kirchweg gehalten. Anhand von Meeresbewohnern und Haien hat er den Kindern die Fossilien und ihre Entstehung nähergebracht. "Die Kinder waren begeistert", freut er sich über die Resonanz, "und mir selbst macht es unheimlich Spaß."

Momentan arbeitet er an einem Vortrag über das schwedische Schiff Vasa, das 1628 auf seiner Jungfernfahrt sank. Am 29. Oktober wird er dann dessen Geschichte vorstellen. Dazu nimmt auch einen Modellbausatz des Schiffes, der aus wissenschaftlicher Sicht veraltet ist, und gestaltet ihn nach den neusten Erkenntnissen um.

Generell mag es Stephan Weimann, wenn Geschichte anschaulich ist. Wenn er von Museumsbesuchen, wie jüngst mit seinem Sohn Richard (10) in London erzählt, blitzt es in seinen Augen und er ist in seinem Element. Oder wenn er den ungefähr 60Zentimeter großen Mammutknochen in den Händen hält und untersucht. "Manchmal kann man Spuren von Räubern erkennen", zeigt er auf einen kleinen Riss in dem Knochen, um gleich lächelnd zu relativieren, "aber es gibt wesentlich fachkundigere Experten als mich. Die könnten so was direkt bestimmen."

Zwischen der Wissenschaft und seinem Glauben sieht er übrigens keinen Widerspruch. "Man sieht dadurch ja, wie der Chef das damals mit der Schöpfung gemacht hat", sagt er locker.

Die nächsten Projekte hat Weimann auch schon im Blick: Dabei möchte er sogar handwerklich tätig werden. Er will ein römisches Mosaik nachbauen, um zu verstehen, wie lange so etwas dauert. Und für seine Gemeinde wird er ins Gemeindearchiv schauen. "In den Kanzelabkündigungen vom 17. und 18. Jahrhundert schlummert einiges, aus dem man die Stimmung unter den Menschen zu ihrer Zeit erkennen kann. Vielleicht schreibe ich darüber ja dann mal ein Buch."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort