Ratingen: FDP jagt Liebermann davon

Die Partei schasst ihren Vorsitzenden Roland Liebermann und wählt Hannelore Hanning.

Ratingen. Was Roland Liebermann am Montagabend in der Dumeklemmerhalle erlebt hat, muss in der Welt der Politik die Höchststrafe sein. Erst zwingt ihn der Vorstand unter Androhung des aussichtsreichen Gegenkandidaten und Fraktionschefs Heinz Grazikowske nicht mehr zur Wahl um den Parteivorsitz anzutreten.

Liebermann beugte sich und wollte wenigstens Vize werden Das aber versagten ihm die Parteifreunde am Montag. Und die Wahl zum Beisitzer verlor er obendrein.

Die Parteikarriere von Roland Liebermann ist beendet. Die Liberalen haben ihn aus der Stadt gejagt. Am Dienstag zog er die Kandidatur um ein Ratsmandat zurück. Die Episode Liebermann in der FDP ist Geschichte. Der Beigeordnete der Stadt Monheim spielt in Ratingens Politik keine Rolle mehr.

Über diese Personalie tritt der Aufstieg von Hannelore Hanning zur Parteichefin fast in den Hintergrund. Dabei kommt es bis zu den Kommunalwahlen Ende August oder Ende September sehr auf die umtriebige Liberale an. Es gilt, den Liberalen eine Richtung zu geben, das Profil der Partei zu schärfen.

"Was wir machen, entscheiden wir im Team", sagt die neue Parteichefin und vermeidet damit schon zu Beginn ihrer Amtszeit einen Fehler, der zu Liebermanns Niedergang beigetragen hat. Unter seiner Ägide führten der Stadtverband und die Fraktion Leben in Parallelwelten. "Ich erwarte, dass die Partei die Fraktion unterstützt", sagte Horst Becker, die graue Eminenz der Ratinger FDP und viele Jahre deren Fraktionsschef im Rat, der WZ am Dienstag. Dies sei unter Liebermann nicht geschehen.

Der geschasste Vorsitzende selbst schweigt zu alldem. In einer knapp, aber freundlich formulierten Erklärung wünscht er seiner FDP in Ratingen "für die nahe und ferne Zukunft alles erdenklich Gute". Im Folgenden zieht er seine Kandidatur für den Wahlkreis und seinen Namen von Platz 2 der FDP-Reserveliste zurück. Damit kam er Horst Becker zuvor, der notfalls einen außerordentlichen Parteitag einberufen lassen wollte, um Liebermann ganz aus der näheren Zukunft der Partei zu entfernen. Dazu wird es nun nicht mehr kommen.

Nun ist es an Hannelore Hanning, die Position der FDP zu bestimmen. Das betrifft vor allem die Frage, welchen Bürgermeisterkandidaten die Liberalen in der Kommunalwahl unterstützen wollen. Einen eigenen schloss Hanning gegenüber der WZ am Dienstag aus. "Es hat doch keinen Sinn, dass bürgerliche Lager noch weiter aufzuspalten", sagt sie.

Ob nun der CDU-Kandidat Stephan Santelmann oder Amtsträger Harald Birkenkamp von der Bürgerunion mit liberalem Rückenwind rechnen dürfen, ließ die neue Vorsitzende offen. Zunächst wolle die Partei sich die beiden Kontrahenten eingehend anschauen und dann entscheiden. Es sei auch vorstellbar, dass es die FDP ihren Anhängern überlässt, wem sie ihre Bürgermeister-Stimme geben wollen.

Zwist in der Fraktion zwischen Hanning und Becker, Streit in der Partei zwischen Liebermann und allen anderen - all das soll nun der Vergangenheit angehören. Die FDP will mit bürgernaher Politik analog zu ihrem Standhaften Streiten für die Sanierung und gegen den Neubau des Rathauses neue Wähler gewinnen.

Bei der Mitgliederzahl zeichnet sich laut Hanning bereits eine Wende ab. Während viele Liberalen der zerstrittenen Partei in den vergangenen Jahren den Rücken zuwendeten, suchen demnach jetzt vor allem Mittelständler, Mediziner und Wissenschaftler den Weg in die Partei.

An diese Entwicklung knüpft der neue Vorstand seine politische Zielsetzung. Hanning und die Liberalen wollen die Kommunalwahl mit einem zweistelligen Ergebnis beenden und eine größere Rolle in der Kommunalpolitik Ratingens spielen.

Auf dieses Ziel ist auch der neue Vorstand alle sieben Stadtteile vertreten sind. Ihm gehören neben Hanning und ihrem Stellvertreter Jürgen Stuers Manfred Kleinen (Mitte), Markus Bohn (Breitscheid), Helga Glagow (Tiefenbroich), Ulrike Probol (Ost), Christian Lang (Lintorf), Bärbel Schrimpf (West) und Tim-Eric Jope (Hösel) an.

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