Ratingen: Die Lintorfer Quecke erquickt

Die neueste Ausgabe ist da. Gleich drei hundertjährige Jubiläen bieten viel Stoff für Geschichten und Geschichte.

Ratingen. Was ist wohl ein Mullfechter? Die älteren Lintorfer wissen’s ganz sicher, die jüngeren eher schon nicht mehr. Deshalb hier des Rätsels Lösung: Ein Mullfechter ist eine Quasselstrippe. Nachzulesen ist das in der 77., gerade erschienenen Ausgabe der "Quecke". Auch Schnack, Nüschel oder Ströpke (Peitsche, Kopf, Kleinkind) werden dort erklärt , denn diesmal geht es in den "Ratinger und Angerländer Heimatblättern" unter anderem um das aussterbende Lintorfer Platt ("Lengtörper Kall"). Das ist nur eines von vielen Themen, die auf 284 Seiten ausgebreitet werden. Die Auswahl hat es wieder in sich, vom Muff mancher Geschichtsbücher ist nichts zu spüren.

Die Quecke ist stets auch aktuell: So nimmt sie sich das 100 jährige Jubiläum des Poensgenparks zum Anlass für einen ausgiebigen Schwerpunkt. Nicht nur die Historie wird beleuchtet, sondern Pflanzen und Tiere im Park erklärt, die Bedeutung eingeordnet und Anekdoten erzählt, die sich um ihn ranken.

Es werden noch mehr Hundertste gefeiert: Zunächst natürlich der Löschzug Lintorf der Freiwilligen Feuerwehr. Auf zehn Seiten erzählt Andreas Jeziorek vom ersten Geräteschuppen, einem Stall hinter dem Gasthaus Albert Kaiser, ersten Einsätzen unter den Pickelhauben, den Schicksalsschlägen durch die Weltkriege und den kleinen Missgeschicken, über die noch heute gelacht wird. So hatten die Kameraden einen Abend mit einem wandernden Drehorgelspieler gefeiert. Am nächsten Morgen zum Einsatz gerufen, rückten Sie im Tran mit der Drehorgel im Schlepptau aus - statt mit dem Löschwagen.

100 Jahre alt ist auch die Geschichte des Kinos in Ratingen, und untrennbar verbunden mit der der Familie Rosslenbroich. Die Quecke schildert beide und spickt sie mit vielen Bildern von den Lichtspielhäusern der Stadt. Wer kann sich schließlich noch an die erste "Schauburg" an der Lintorfer Straße erinnern, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde und heute ein Möbelgeschäft beherbergt? Wer weiß noch, wie Otto Höhndorfs Kino an der Oberstraße aussah?

Auch als Chronik des kulturellen Lebens eignet sich die Quecke gut. Ein Rückblick auf das Jugendkulturjahr findet sich dort ebenso wie Erinnerungen an 50Jahre Heimat- und Brauchtumspflege der Jonges, ein Portrait der Malerin Edith Dreyer-Dowe, eine Laudatio auf Ferdinand Trimborn oder, ganz aktuell, die Entwicklung der griechisch-deutschen Gemeinde in der Stadt.

In einem gewöhnlichen Magazin stünde auf den ersten Seiten ein Editorial - die 77. Ausgabe der Quecke begnügt sich mit einem Heine-Zitat: "Sprach der Herr am sechsten Tage / Hab am Ende nun vollbracht / Diese große, schöne Schöpfung / und hab Alles gut gemacht." Augenzwinkernd klopfen sich da die Lintorfer Heimatfreunde selbst auf die Schulter, allen voran Manfred und Monika Buer, die Texte und Anzeigen für die neuste Ausgabe zusammen getragen haben. Der Vergleich ist durchaus erlaubt, denn die Quecke wieder einmal monumental geraten.

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