Ratingen: Auf Samtpfoten durchs Holz

Die Stadtwerke füttern ihre Holzhackschnitzelanlage mit eigenem Holz. Damit das schonend geborgen werden kann, hilft ein Ratinger Spezialdienstleister.

Ratingen. Der Wald in der Wasserschutzzone in Homberg ist ein denkbar unwegsames Terrain: Das Unterholz ist dicht, Äste liegen kreuz und quer und Forstwege gibt es nicht. Aus gutem Grund: Wasser, das hier versickert, soll irgendwann aus Ratingens Wasserhähnen sprudeln. Deshalb soll der Boden unversehrt bleiben. Und deshalb wurde der Wald bisher auch nicht bewirtschaftet.

Das hat sich nun geändert. Seit die Stadtwerke ihre Gebäude mit der eigenen Holzhackschnitzelanlage an der Sandstraße beheizen, kann sie günstiges Holz gut brauchen. Doch wie sollen die Stämme bloß aus dem Wald geschafft werden, wenn schweres Gerät tabu ist? "Die Rückepferde waren alle ausgebucht", erzählt Hans-Horst Sprenger, technischer Leiter der Stadtwerke.

Also kam man mit den Fachleuten des Ratinger Forstwirtschaftsbetriebs Spürkel auf eine Lösung, wie sie in Deutschland bisher kaum praktiziert wird: Spürkel kaufte bei einem finnischen Spezialhersteller ein kleines, wendiges Fahrzeug, das sich auf Ketten durch den Wald pirscht, dort bis zu fünf Meter lange Holzstämme auf den Rungenwagen hievt und dann im Slalom um die Bäume zum Sammelplatz fährt.

Bis zu vier Tonnen Holz kann es aufnehmen, dann wiegt es insgesamt sieben Tonnen. "Aber es übt weniger Druck auf den Boden aus, als ein erwachsener Mann", sagt Geschäftsführer Frank Spürkel.

Seine Neuanschaffung hat noch mehr Raffinessen: Die Achse des Rugenwagens kann hydraulisch nach hinten verschoben werden - so passen längere Stämme auf die Ladefläche. Philipp Visschers, der im Führerhaus sitzt, arbeitet mit zwei Joysticks, die Arme bequem auf der Lehne seines Drehstuhls abgelegt. Wenn er sich der Ladefläche zuwendet, steuern die Knöpfe den Kran, wenn er sich umdreht, werden die Joysticks zu Steuerknüppeln für den Maschinenwagen.

Anders als bei einem Panzer, der lenkt, indem die Ketten gegeneinander laufen, kommt das Forstfahrzeug mit dem Knickgelenk in seiner Mitte durch die Kurven. Und am Hang wird die Raupe zur Bergziege - es gibt keine Reifen, die durchdrehen könnten. Alles das gelingt übrigens mit biologisch abbaubaren Schmierstoffen - eine Bedingung der Stadtwerke. Denn selbst im schlimmsten Fall darf kein Öl im Wasserschutzgebiet auslaufen.

Zwei Wochen haben die vier Mann von Spürkel nun in Homberg gearbeitet und dabei 300 Kubikmeter Holz eingesammelt. "Wir haben fast keine Spuren hinterlassen", sagt er stolz.

Spürkel ist überzeugt, dass er mit dem gelenkigen Finnen-Fahrzeug eine Marktlücke aufgetan hat. "Es wird immer mehr Holzhackschnitzelanlagen geben - und dann geht es darum, nachhaltig Holz zu gewinnen." Gut geeignet sind dafür Auenwälder, die nachwachsen ohne aufgeforstet zu werden und die durch ihren feuchten Boden bislang kaum zu nutzen waren.

Von den Stadtwerken sind jedenfalls weitere Aufträge zu erwarten. "Das Verfahren wollen wir auch an der Kaiserswerther Straße am ehemaligen Wasserwerk einsetzen", sagt Hans-Horst Sprenger.

Doch auch, wenn die Stadtwerke noch die dritte Waldfläche einbeziehen, die ihr an der Broichhofstraße gehört, wird die Holzausbeute nicht ausreichen. In absehbarer Zeit müssen die Stadtwerke also wieder Holzhackschnitzel zukaufen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort