Porträt: Über den Dächern Wülfraths

Vier Schornsteinfeger in einer Familie: Bei den Deckers steigen schon zwei Generationen aufs Dach.

Wülfrath. Im Haus mit der Nummer 40 b ist das Glück zu Hause - zumindest sollte es so sein, wenn man einem bekannten Aberglauben vertraut. In dem Gebäude an der Maikammer wohnt Familie Decker.

Und Michael, Kerstin, Tobias und Jana sind nicht nur eine Familie, sondern haben noch mehr gemein, nämlich ihren Beruf: Alle vier Familienmitglieder sind Schornsteinfeger.

Vater Michael und Mutter Kerstin sind schon weit über 20Jahre auf den Dächern unterwegs. Beide sind selbstständige Bezirkschornsteinfeger in Wülfrath. Doch schon längst geht es in ihrem Beruf nicht mehr nur um die Reinigung von Schornsteinen.

"Wir sind auch Gebäudeenergieberater", sagt Michael Decker(46) im Gespräch mit der WZ. "Unser Beruf ist sehr abwechslungsreich. Aber im Zuge der steigenden Energiekosten ist die Rußbeseitigung wieder in den Fokus unserer Arbeit gerückt. Immer mehr Leute schaffen sich nämlich wieder Kaminöfen an, die mit Holz befeuert werden."

Und sie sind Glücksbringer, immer noch möchten viele Leute sie einmal anfassen, in der Hoffnung, dass der Aberglaube stimmt. "Oft von Schülern, die gerade ihr Abitur machen, oder vor Hochzeiten", sagt Michael Decker. Dass er wirklich Glück bringt, will er nicht sagen. "Es kommt ja auch darauf an, was die Leute daraus machen", sagt er lachend.

Für Michael Decker war die Berufswahl recht schnell klar. Bei seiner Frau hingegen war es eher ein Zufall. "Ich wollte eigentlich Schreinerin werden. Als ich im Branchenbuch nach Firmen gesucht habe, bin ich unter SCH auch auf den Schornsteinfeger aufmerksam geworden."

Ihren Mann hat sie dann in Dülmen auf der Meisterschule kennen gelernt - 23 Jahre sind sie nun verheiratet. "Für uns ist das nicht nur irgendein Job. Sondern unser Beruf ist für uns eine Berufung", so die 44-jährige.

Von dieser Begeisterung haben sich offenbar auch die beiden Kinder, Tobias (20) und Jana (19), anstecken lassen. Tobias hat seine Ausbildung bereits beendet, Jana steckt noch mittendrin, beide im Betrieb ihrer Mutter. "Ich wollte schon als Kind Schornsteinfeger werden", sagt Tobias Decker.

Und so geht es wie in einem echten Familienbetrieb zu. "Um halb sieben fängt unser Tag mit einem Frühstück an, bei dem auch alle anderen Mitarbeiter dabei sind", sagt Kerstin Decker.

Wer sich entscheidet, Schornsteinfeger zu werden, den erwarte ein abwechslungsreicher Beruf, da sind sich beide einig. "Das Berufsbild wandelt sich ständig, und die Aussichten sind gut. Die Ausbildung kann auch als Sprungbrett genutzt werden, um beispielsweise zur Feuerwehr zu gehen", sagt Kerstin Decker.

Auch Arbeitsstellen im Ausland seien gut zu finden. Gerade England und Frankreich würden gut ausgebildete Schornsteinfeger suchen - die Deckers bleiben aber lieber da, wo sie sich auskennen: über den Dächern Wülfraths.

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