Otoniels Liebeserklärung an das Wülfrather Publikum

Das 23. Neujahrskonzert soll das letzte in der Stadthalle gewesen sein — aber was für eins: Gonzaga, Chung, Angel — die Künstler geben ein großartiges, vierstündiges Abschiedskonzert.

Wülfrath. Kein letztes Wort mehr. Nur noch ein Blick in die Höhen der Scheinwerfer über der Bühne. Die Zugabe zur dritten Zugabe verklingt: „Time to say goodbye“. Der Applaus brandet auf. Moderator Karl-Heinz Nacke wischt eine Träne aus dem rechten Augenwinkel und tritt ab.

Was für ein Abend! Was für ein Neujahrskonzert! Fast vier Stunden lang wurde der Abschied von der Stadthalle zelebriert — mit Wehmut, ja, aber auch mit großartigen Künstlern und unvergesslichen Momenten.

Und von denen gab es reichlich viele in der mit 450 Besuchern restlos gefüllten Stadthalle, zu viele, als dass alle hier Erwähnung finden könnten.

„Änderungen des Programms möglich“ — wie eine Verheißung ist es auf dem Zettel nachzulesen. Und mit dem Konzertbeginn wird sie gleich erfüllt: Nicht als Künstler angekündigt, heimlich eingeflogen, um der Stadthalle noch einmal die Ehre zu geben: Otoniel Gonzaga, der so viele große Auftritte während der Neujahrskonzerte hatte.

„Schön ist die Welt“, singt der Tenor und strahlt ins Publikum. Mit Yikun Chung (ebenfalls Tenor) setzt er ein weiteres Glanzlicht: Puccinis „Nessum Dorma“ — anrührend, tränentreibend, großartig.

Oder Anke Angel, die promovierte Juristin am Klavier, die mit Gospel und Boogie Woogie die Halle zum Kochen bringt. Die Entertainerin lässt klatschen und mitsingen — und Wülfrath will sie gar nicht von der Bühne lassen.

Oder Bariton Thomas Laske, der zum Beispiel im Duett mit der rassigen Sopranistin Agnieszka Tomaszewska Mozarts Papageno-Papagena-Arie dahin tupft — faszinierend. Oder die aparte Marina Vyskvorkina (Sopran), die mit dem „Kusswalzer“ mit Operndirektor Stephan Harrison anbandelt, der als das „beste Orchester, das auf eine so kleine Bühne passt“ (O-Ton Nacke) die Künstler am Flügel begleitet.

Oder Vater Bernd (Klavier) und Sohn Jonas Gaube (Cello), die Neujahrskonzert-Erinnerungen wach werden lassen. Oder der Wülfrather „Jugend musizier“-Preisträger Christian Ziegler, der ein Dauerbegleiter dieses Konzertformats war. Und immer Chung, der nicht nur mit seinem milden Lächeln und den herzlich-fröhlichen Augen das Publikum begeistert.

Es ist aber „Toni“ Gonzaga, der den Höhepunkt liefert: „Dein ist mein ganzes Herz“. Lehars Großtat fügt er als Zugabe ein Dacapo in pianissimo hinzu, das die Zuhörer vor Rührung schlucken lässt — eine Musik gewordene Liebeserklärung an das Wülfrather Publikum.

Die gemeinsamen Zugaben aller Sängerinnen und Sänger — zum Beispiel „O sole mio“ — werden beinah komplett stehend vom Publikum verfolgt. Und dann ist es doch „Time to say goodbye“ — nicht ohne, dass Karl-Heinz Nacke noch ein Versprechen unter dem tosenden Beifall in der Stadthalle gibt: „Das Wülfrather Neujahrskonzert gibt es weiter. Wann und wo, das wird sich zeigen.“

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