Mit VW-Oldtimer das alte Werk besucht

Klaus Hebmüller besucht in einem VW-Oldtimer nach 60 Jahren das alte Familienwerk auf dem Ford/Tedrive-Gelände.

Wülfrath. Das ist deutsche Automobilgeschichte und ein Ausflug in die Wülfrather Wirtschaftshistorie gleichermaßen. Klaus Hebmüller lächelt, schaut neugierig hinter jede Tür, bleibt stehen und erklärt in der großen Halle stehend mit knappen Gesten: „Da unten standen die Pressen“, sagt er und zeigt auf eine halbe Ebene tiefer.

„Hier war die Fabrikation.“ Er und seine Begleiter schauen ins Rund. Hebmüller denkt nach. „Das ist bestimmt 60 Jahre her“, sagt er. Da war er ein Teenager. 1952 meldete sein Vater Joseph Konkurs an — das Ende der Hebmüller-Automobile.

Eine Reise in die Vergangenheit ist es, die Klaus Hebmüller mit seiner Ehefrau Christel, seinen drei Söhnen, seiner Schwester Helga Röllinghoff und dessen Gatten Paul-Herbert unternimmt. „Ich bin zum ersten Mal seit dem Verkauf an Ford wieder hier in der Halle“, sagt er. Und die WZ darf dabei sein.

Klaus Hebmüller ist 79 Jahre alt. Mit großen Augen erlebt er diesen Vormittag. Draußen auf den Besucher-Parkplätzen steht ein aus Neuss „angereister“ gepflegter Oldtimer: ein Hebmüller-VW aus dem Jahr 1949. „Der Kleine wollte mal wieder nach Hause“, sagt Christel Hebmüller und lächelt.

696 dieser Cabriolets wurden an der heutigen Henry-Ford II-Straße produziert — bis am 23. Juli 1949 die Produktionsanlagen durch einen Brand zerstört wurden. 1951 war der Wiederaufbau abgeschlossen, doch Hebmüller musste der verschlechterten wirtschaftlichen Situation Tribut sollen.

Für ein Fotoshooting der Zeitschrift „Motor Revue“ kehrte ein Cabriolet im Juli nach Wülfrath zurück. Sohn Frank war dabei — die Idee eines Besuchs mit der Familie entstand und wurde gestern umgesetzt.

Seit 2010 steht der Hebmüller-Komplex auf dem Ford/Tedrive-Gelände leer. Draußen wuchert Unkraut, erobert Schmetterlingsflieder die asphaltierten Parkplätze. Drinnen fasziniert der Charme des Vergangenen. In anderen Städten werden solche Schätze zu Eventhallen umfunktioniert.

Klaus Hebmüller schwelgt beim Rundgang in den Erinnerungen. „Da ist alles präsent“, sagt er. Sogar der Name des Pförtners fällt ihm sofort ein. Seit einigen Jahren befasse er sich wieder mit der Hebmüller-Geschichte.

In der oberen Etage blickt er aus dem Fenster in Richtung Innenstadt: „Helga, guck mal. Da ist die Parkschule. Da haben wir die Schulbank gedrückt.“ Gewohnt haben sie damals an der Velberter Straße, „neben Sandkühlers Gaststätte“.

„Das waren die Büros der Meister“, sagt Hebmüller und weist auf leicht erhöhte Räume mitten in der Halle hin. „Und dahinten stand nach dem Brand eine Wellblechbaracke. In der wurden Büros angelegt.“

„An der Schulstraße hatten wir auch ein Werk“, sagt er, „für die Holzverarbeitung“. Später zog dort Puky ein. Ohne Hast, eher gemütlich, ja fast schon gründlich, gehen die Hebmüllers durch die alte Hebmüller-Halle. Tedrive-Geschäftsführer Thomas Brüse ist dabei. Für den neuen Besitzer der 9500 Quadratmeter großen Halle — einem irischen Fleischfabrikanten — tritt Tedrive ab und zu als Dienstleister auf. Gibt es für dieses Gewerbefiletstück schon neue Pläne? Brüse: „Bisher nicht.“

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