Gerd Gellißen: Pilgertour von Köln nach Santiago de Compostela

Auch Chemieprofessor Gerd Gellißen hat über seine Pilgertour von Köln nach Santiago de Compostela ein Buch geschrieben.

Wülfrath. Gerd Gellißen blättert in seinem Buch. Ein Jahr hat er gebraucht, die Erlebnisse seiner Wanderung auf dem Jakobsweg von Köln nach Santiago de Compostela in Worte zu fassen. Nun hält er das Werk in den Händen — und weiß genau, auf welcher Seite er nach einem bestimmten Erlebnis suchen muss. „Ah, hier ist die Stelle“, sagt er — und beginnt, den Text vorzulesen. Seine Brille rutscht ihm dabei auf die Nasenspitze.

Neben Gellißen auf dem Wohnzimmerschrank hockt ein bronzener Jakobus auf einem Sims. Müde stützt die Figur sich auf seinen Pilgerstab, den Blick zu Gellißen gerichtet. 2700 Kilometer läuft man von Köln bis zu dem Grab des Apostels Jakobus nach Santiago de Compostela in Spanien. Der Wülfrather Gerd Gellißen weiß das genau, denn er hat den Jakobsweg mehr als einmal beschritten.

„Das Jakobus-Virus infizierte mich schon früh in meiner Jugendzeit. Eine erste Pilgerfahrt unternahm ich mit einem Freund 1978 auf einem dreigängigen Tourenfahrrad“, erinnert sich Gellißen. Nach weiteren Radtouren und Wanderungen auf zahlreichen Teilstrecken des Weges folgte dann im vergangenen Jahr seine Wanderung der gesamten 2700 Kilometer von Köln nach Santiago de Compostela zu Fuß.

Nur mit einem 13 Kilo schweren Rucksack ausgestattet, startete der inzwischen 61-jährige Professor für Chemie und Biologie seinen Fußmarsch im Frühjahr 2011 am Kölner Dom. „Mich trieb die pure Lust, zu leben, die Freude, mich selbst zu erfahren, gepaart mit einer gehörigen Portion Neugierde und Abenteuerlust“, sagt Gellißen.

Und auch wenn er den Jakobsweg nicht aus rein religiösen Gründen wanderte, bezeichnet Gellißen sich selbst als religiösen Mensch. Seine Wanderung dauerte 93 Tage. Im Schnitt lief Gellißen 30 Kilometer pro Tag und musste dabei nur fünf Regentage über sich ergehen lassen. An drei Tagen legte der Wülfrather einen Ruhetag ein. Einen davon allerdings nur aufgrund blutiger Blasen an den Fersen und einem Paar durchgelaufener Schuhe.

Belohnt wurde er nach eigenen Aussagen mit einzigartigen Kulturlandschaften, alten Städten, Klöstern, Domen, vielen spirituellen Momenten und mit Begegnungen besonderer Menschen. „Obwohl ich alleine lief, war ich eigentlich nie allein“, so Gellißen. „Ein Stück des Weges begleitete mich beispielsweise ein pensionierter Lehrer aus Seoul, eine andere Etappe bestritt ich mit einer Studentin aus Hamburg“, erinnert sich der Pilger.

Nach seiner Rückkehr in das heimische Wülfrath begann der Vater von drei Söhnen, seine Reisetagebücher auszuformulieren und in ein Buch zu fassen. Neben persönlichen Erfahrungen und Eindrücken beschreibt er vor allem, was dieser europäische Weg an Geschichte, Kunstgeschichte und Naturerlebnissen zu bieten hat. Seine durchgehend positiven Erlebnisse spickt Gellißen mit humorvollen Einschüben und verfasst sie in teils poetisch anmutender Sprache.

Von negativen Erlebnissen kann Gellißen nichts berichten. Geblieben seien ihm neben seinem Pilgerstock und fünf Pässen voller Stempel als Nachweis für die erreichten Etappen ein weiter gewachsenes Gottvertrauen, eine noch größere Gelassenheit gegenüber den Aufgeregtheiten des Alltags, die Lust an täglichen Wanderungen und eine unbändige Freude über Bilder des Jakobus.

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