Denkmäler Neviges: Ein Haus für den Glauben

Das evangelische Gemeindehaus am Kirchplatz trägt den Name „Neue Offerig“ – ein Verweis auf den Küster, der früher dort wohnte. Die Küsterin Birgit Dywicki lebt mit ihrer Familie gleich nebenan.

Neviges. Hat man die schwarze Eichentür, über deren Ziergiebel in schwungvollen Ziffern das Jahr 1746 prangt, hinter sich geschlossen, steht man mitten in einer Bauernstube. So jedenfalls wirkt der verwinkelte Gemeinderaum im Erdgeschoss des Hauses am Nevigeser Kirchplatz 5. Klein, mit schmalen Türen, Fachwerkbalken und tiefer Decke strahlt er Geborgenheit aus.

Auf den Eckbänken aus Holz trifft man sich nach dem Gottesdienst in der nur wenige Schritte entfernten Evangelischen Kirche oder auch zu privaten Feiern - ein öffentliches Wohnzimmer.

Doch das war nicht immer so. Seit 1827 als "Neue Offerig" bekannt, verweist der Name des Gebäudes auf die Wohnung des Küsters, der damals die Opfergaben (Offer) einzusammeln hatte. Später wurde es zeitweilig als Gaststätte genutzt, gehörte einem Kaufmann sowie einem Schneider, bis es 1930 endgültig in den Besitz der evangelisch-reformierten Kirche überging. Der Bau im Stil des Bergischen Barock sticht neben der Größe durch seine weiße, klar gegliederte Fachwerkfassade mit paarweise angeordneten Sprossenfenstern hervor, deren ebenfalls weiß gestrichene Rahmen das Haus bei Sonnenschein leuchten lassen.

Eine Gesamtrestaurierung von 1992 bis 1994 sicherte den Erhalt des Juwels. Das Innere wurde allerdings modernisiert und an die neuen Raumbedürfnisse angepasst - nur noch ein paar Durchgangstüren sind als Original erhalten geblieben. Neben Wohnungen birgt es ein Sitzungszimmer, Lagerräume sowie eine Küche, die dem Gemeinderaum angegliedert ist.

Die amtierende Küsterin der evangelischen Stadtkirche, Birgit Dywicki, residiert entgegen der ursprünglichen Funktion des Hauses jedoch nicht in diesem Prachtbau. Mit ihrer Familie wohnte sie bereits seit 1987 direkt nebenan, am Kirchplatz 6, bevor sie 2002 das Amt übernahm. Aus ihrem Beruf als Kinderkrankenschwester war sie nach der Geburt ihres ersten Sohnes ausgestiegen.

Ihr Haus entstand wie alle Gebäude der ringförmigen Bebauung um die Kirche im 18.Jahrhundert. Die Räume sind mit einer Deckenhöhe von etwa zwei Metern ziemlich tief, unter einigen Türrahmen muss man gar den Kopf einziehen, aber "wir haben schon immer zu besonderem Wohnen tendiert", sagt die 51-Jährige.

Sie erinnert sich noch gut an den Moment, als sie damals zur Hausbesichtigung kam: "Es war Samstagabend, die Sonne schien und die Glocken läuteten." Eine herrliche Atmosphäre sei das gewesen - und sie hält heute, mehr als 20 Jahre später, immer noch an: "Wenn ich den Kirchplatz hochkomme und die Geranien auf den Fensterbänken blühen, bin ich jedes Mal dankbar. Andere machen in einer solch historischen Umgebung Urlaub; ich darf hier wohnen."

Für Einschränkungen sorgen nur die Auflagen der Denkmalbehörde: "Wir wollen aus Energiegründen in Kürze neue Fenster mit Doppelglas einbauen." Abgesehen von der Vorgabe, etwa keine Aluminium-Fenster zu verwenden, um den Ensemblecharakter zu bewahren, muss jedes Fenster individuell ausgemessen werden, da jedes unterschiedlich groß ist.

Dass die neue Wohnumgebung sie zum Glauben führte, hätte die gebürtige Wuppertalerin damals nicht gedacht: "Ich hatte mit Kirche vorher gar nichts zu tun." Heute leitet sie neben ihrem Küsterdienst auch einen Bibelkreis und ist zweite Vorsitzende des CVJM Neviges.

"Jetzt ist es für mich eine absolute Berufung", offenbart sie und fügt strahlend hinzu: "Ich möchte mein 25-jähriges Dienstjubiläum feiern." Birgit Dywicki setzt dabei auf Vertrauen. Denn, so ihre Philosophie: "Gott geht mit jedem seinen Weg."

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