VHS-Werkstattjahr soll jungen Menschen Einstieg ins Berufsleben ermöglichen

Ohne den Hauptschulabschluss wird es eng. Das VHS-Angebot in Haan ist oft die letzte Chance zum Einstieg in die Berufswelt.

Kreis Mettmann. Harry (19), Sarah (17) und Janine (22) haben Glück. Wenn sie fleißig sind, werden sie in einem Jahr ihren Hauptschulabschluss in den Händen halten können. Harry, Sarah und Yannie sind nämlich nicht zwischen die Mahlsteine geraten, die von der Bundesagentur für Arbeit, der Arge ME-aktiv und der großen Politik in Gang gesetzt wurden. Weil nämlich der Gesetzgeber die Richtlinien zur Finanzierung von Lehrgängen, an deren Ende der Hauptschulabschluss steht, erheblich gestrafft hat, gehen Volkshochschulen jetzt leer aus.

"Zurzeit können wir den Jugendlichen nur noch das Werkstattjahr anbieten", sagt Niklas Rahn, Leiter der VHS Hilden-Haan. In dem Werkstattjahr, das es nur in NRW gibt und vom Arbeitsministerium initiiert wurde, besteht die Chance, den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 oder Klasse 10 zu erlangen.

Aber das auch nur unter erschwerten Bedingungen, denn die Teilnehmer dürfen in keinem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis stehen, müssen ihre Pflichtschulzeit erfüllt haben und nicht für eine Bildungsmaßnahme der Agentur für Arbeit in Frage kommen oder vorgemerkt sein. Auch wenn ein Jugendlicher wie zum Beipsiel als Sohn eines Hartz IV-Empfänger in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, kann dieses ein Hindernis sein.

"Die Zuweisung der Jugendlichen zum Werkstattjahr verläuft nicht reibungslos", formuliert es Lehrgangsleiter Frank Lungenstraß vorsichtig in Richtung Arbeitsagentur. 60 Plätze stehen zur Verfügung, 30 sind aber nur belegt. Obwohl das Werkstattjahr vom Land NRW sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert wird, darf nur die Agentur für Arbeit in Düsseldorf die Teilnehmer nach Hilden schicken. Was bedeutet, dass Jugendliche aus dem Arbeitsamtsbezirk Wuppertal nicht berücksichtigt werden können. "Das Problem ist allen bekannt, aber keiner - weder Berufsberater noch Fallmanager bei der Arge - können es lösen", sagt Frank Lungenstraß.

Dabei bietet das Werkstattjahr das nötige Rüstzeug für die Jugendlichen: Drei Tage Schulunterricht mit Fächern wie Mathematik oder Biologie, Intensivkurse in EDV, ein praxisbezogener Berufsschultag am Berufskolleg Hilden und ein fester Praktikumstag stehen auf dem Programm. Und weil die Jugendlichen die letzte Chance auch nutzen sollen, stehen ihnen Sozialpädagogen zur Seite. "Es ist ein betreutes Lernen", sagt Sylvia Johannisson ganz offen.

"Ich habe auf der Schule viel Mist gemacht", gibt Harry zu. Und zwar so viel, dass der 19-jährige Hildener per Schulverweis gehen musste. "Mir ist später klar geworden, dass ich einen Hauptschulabschluss brauche." Über die Hildener sozialpädagogische Einrichtung "Mühle" und die Kompetenzagentur des Kreises fand er den Werg zum Werkstattjahr. "Und jetzt ist klar, dass ich Veranstaltungstechniker werden will", sagt Harry.

Janine ist mit 16 Jahren schwanger geworden. "Es hat sich niemand mehr für mich interessiert. Und ich habe alle meine Kraft für mein Kind benötigt", sagt die junge Erkratherin, die ihren Hauptschulabschluss benötigt, weil sie Einzelhandelskauffrau werden will.

"Null Bock auf Unterricht" hatte Sarah, mit 17 Jahren die Jüngste in der Runde. "Ich wollte nicht in die Schule, habe ständig geschwänzt und bin nach der neunten Klasse abgegangen", sagt die Hildenerin, die schnell feststellen musste, dass sie ohne den Hauptschulabschluss nicht einmal einen Ausbildungsplatz als Frisörin erhalten wird.

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