Udo Carraro: Leidenschaft für den Kreis ME

Udo Carraro tritt noch einmal an. Der Vorsitzende der SPD-Fraktion ist seit 1989 im Kreistag. Viel ist getan, vieles ist noch zu tun, sagt er – und will es anpacken.

Kreis Mettmann. Die Arbeit im Kreistag ist Segen und Fluch zugleich. Sie ist Segen, weil es abseits von Blitzlichtgewitter und Schlagzeilen erheblich leichter ist, sachorientiert Politik zu machen.

Sie ist Fluch, weil die Verwaltungseinheit Kreis und ihr politisches Kontrollgremium scheinbar soweit vom Bürger entfernt sind, dass wichtige, richtige Entscheidungen und gute Leistungen zuweilen überhaupt kein Echo finden.

Dass einer wie Udo Carraro (60) dennoch seit 20 Jahren Kreispolitik macht, dass er immer noch Fraktionsschef der SPD ist und das auch in den nächsten fünf Jahren bleiben will, ist deshalb bemerkenswert.

Carraro ist auf den Blick kein Mann fürs Rampenlicht. Der Mann ist hemdsärmelig, spricht schnörkellos. Der riesige Schnauzbart und das dichte weiße Haar geben dem Mann etwas Gutmütiges.

Dabei kann Carraro durchaus auch grollen, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Daraus macht er keinen Hehl. Das hat er nie gemacht, selbst wenn der Gegenwind aus den eigenen Reihen noch so stark war.

Dass der pensionierte Reha-Berater der Berufsgenossenschaft dennoch den Ruf genießt, ein ungewöhnlich begabter Vermittler zu sein, führt Carraro auf seinen Beruf im Sozialwesen zurück. Außerdem war er lange Jahre Hauptpersonalrat. In so einer Position kommen Betonköpfe üblicherweise nicht sehr weit.

Der Kommunalpolitiker Udo Carraro ist offenbar das, was gemeinhin Überzeugungstäter genannt wird. Er ist überzeugter Haaner und leidenschaftlicher Bürger des Kreises. Er hat die Vorteile der Gründung des neuen Kreises Mettmann im Jahr 1975 verinnerlicht. "Vieles Gute hat auch viele Fehler", räumt Carraro ein. Aber im Kreis Mettmann und seinen zehn angehörigen Städten überwiegt das Gute. Davon ist er überzeugt.

Für Carraro ist klar, dass Kommunen wie Wülfrath, Mettmann, Velbert und Monheim ihre größtenteils von Bund und Land verursachten finanziellen Probleme nur mit Hilfe eines noch stärkeren Kreises lösen können. "Doch dazu müssen einige, auch einige in meiner Partei, Abschied nehmen vom Kirchturmdenken", sagt er.

Er werde immer der Schwarzmalerei bezichtigt, wenn er das Ende des Kreises

Mettmann vorhersage, berichtet Carraro. Genau darauf laufe es aber hinaus, wenn der Kreis und seine Städte nicht zu einer intensiveren Zusammenarbeit kommen.

"Warum hat jede Stadt ihre eigene EDV? Warum können Personalämter und Bauhöfe nicht zentral beim Kreis angesiedelt werden? Warum gibt es keine gemeinsame Wirtschaftsförderung?", fragt Carraro. Die Antwort kennt er natürlich. Schließlich saß er einige Jahre im Stadtrat von Haan und war stellvertretender Bürgermeister. "Kommunen geben ungern ab."

Aber das werden sie mittelfristig tun müssen, wenn der Kreis Mettmann und die Eigenständigkeit seiner Städte Bestand haben sollen. "Seit der großen Gebietsreform von 1929 geht der Trend zu immer größeren Einheiten", erklärt Carraro.

Im Falle des Kreises ME könnte dies bedeuten, dass er in nicht allzu ferner Zukunft aufgelöst wird und beispielsweise Wülfrath fortan zu Wuppertal gehört, Velbert zu Essen, Mettmann und Ratingen zu Düsseldorf, woran die Düsseldorfer sicher ihre helle Freude hätten.

Noch ist das alles weit weg, Zukunftsmusik allenfalls und vielleicht ein ganz kleines bisschen Unkerei. Aber Gebietsreformen hat es immer wieder gegeben. Und Carraro will, dass sein Kreis Mettmann auch die nächste übersteht.

Der Haaner mit italienischen Vorfahren glaubt, dass die drängenden Aufgaben der zehn Städte von Heiligenhaus im Norden bis Monheim im Süden nur in diesem Verbund zu lösen sind. Und die größte Herausforderung trägt den Namen Demographie. Da werde noch viel zu viel klein-klein gedacht.

"Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für Familien. Wir brauchen hochqualifizierte Bildung für Kinder und Jugendliche. Dann bleiben junge Erwachsene eher hier im Kreis Mettmann. Denn die Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen ist vom Kreis Mettmann aus hervorragend. Wir brauchen mehr ambulante Pflege, damit mehr Menschen im Alter in ihren eigenen vier Wänden bleiben können."

Für Udo Carraro spricht auch diese Herkulesaufgabe dafür, den Kreis als Koordinator für die angehörigen Städte zu stärken. Dafür will er in den nächsten fünf Jahren werben - unaufgeregt, gelassen, sachorientiert, pragmatisch, ganz so, wie es im Kreistag nicht zuletzt dank Udo Carraro Usus ist.

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