Sozialwohnungen sind im Kreis Mettmann knapp

Immer mehr Wohnungen für Menschen, die rechnen müssen, fallen aus der Mietpreisbindung. Nur wenige Investoren sind bereit, neue zu bauen.

Kreis Mettmann. Schlechte Zeiten für Mieter mit schmalem Budget: Immer mehr Sozialwohnungen gehen nach Ablauf der Bindungsfrist auf den freien Markt — zu höheren Mieten. Gleichzeitig werden kaum noch neue Sozialwohnungen gebaut. Günstiger Wohnraum wird langsam, aber stetig ein knappes Gut. Und dies in Zeiten, in denen 50 Prozent der Haushalte in Nordrhein-Westfalen Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten.

Sigrid Leven von der Kämmerei der Kreisverwaltung

Mit massiver sozialer Not, wie sie etwa ein Hatz-IV-Empfänger leidet, hat der Anspruch auf eine Sozialwohnung nämlich gar nichts zu tun. „Wir haben das mal für einen Vier-Personen-Haushalt ausgerechnet“, sagt Jürgen Wördemann von der Kämmerei der Kreisverwaltung. „Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern kann im Jahr 50 900 Euro brutto verdienen.“ Bereinigt — dies entspricht ungefähr dem Netto-Einkommen — liegt die Grenze bei 32 950 Euro.

Hohe Bodenpreise, gestiegene Baukosten und höhere Anforderungen an die Wohnungen treiben die Baukosten jedoch so hoch, dass sich der soziale Wohnungsbau für private Investoren nicht mehr rechnet. „Und wer ohne Drittmittel baut, kann sich seine Mieter aussuchen“, nennt Eckhard Löwenstein, stellvertretender Leiter des Ratinger Sozial- und Wohnungsamtes, einen weiteren Grund, dass sich Investoren gegen Sozialwohnungen entscheiden.

So hat die GWG (Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft) in Wülfrath Ende 2011 ihr letztes Projekt realisiert: 28 Sozialwohnungen in hochwertiger Ausstattung. „Die Anforderungen an Sozialwohnungen sind mittlerweile sehr hoch“, sagt GWG-Geschäftsführer Juan-Carlos Pulido.

Allein die Barrierefreiheit erfordere eine Vielzahl kostentreibender Maßnahmen — etwa bodengleiche Duschen sowie Aufzüge. Inzwischen konzentriere sich die GWG aber auf den Erhalt und die Modernisierung des Bestandes, weitere Neubauten sind nicht vorgesehen.

Die Ratinger Wohnungsgenossenschaft (Wogera) hat Ende der 1990er-Jahre ihr letztes Neubauprojekt realisiert, mangels eigener Grundstücke war kein weiterer Bau möglich. „Bei Bodenpreisen von 300 Euro und mehr je Quadratmeter in Ratingen rechnet sich das nicht“, sagt Geschäftsführer Volkmar Schnutenhaus.

In Monheim hat die Politik die Weichen für neuen sozialen Wohnraum gestellt. Sie setzte durch, dass bei dem neuen Bauprojekt „Baumberg-Ost“ mit 130 Wohneinheiten 30 Prozent als bezahlbarer Wohnraum für Einkommensschwächere realisiert werden sollen.

„In den vergangenen Jahren gab es noch gute Förderprojekte“, erinnert sich Sigrid Leven, in der Kreiskämmerei für Wohnungswesen zuständig. Neben dem klassischen Mietwohnungsbau und der Eigentumsförderung unterstützt der Kreis die Renovierung bestehender Häuser und Wohnungen.

2011 gab der Kreis dafür 12,6 Millionen Euro Fördermittel aus, 2010 waren es 21 Millionen Euro. Dabei sei der Bedarf an Sozialwohnungen weiterhin gegeben. Leven: „Besonders hoch ist er in Monheim, Hilden, Langenfeld, Mettmann und Ratingen.“

Besonders zu schaffen machen der Wohnungsexpertin die vielen Umwandlungen — weg von der Sozialbindung hin zum freien Markt. „Viele Besitzer kaufen sich nach Ablauf der Grundbindungszeit frei.“

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