Rückblick 9/11: „Das Leben ist aus den Fugen“

Nach den Terroranschlägen in den USA vor zehn Jahren war auch im Kreis Mettmann vieles nicht mehr wie noch am Tag zuvor. Ein Rückblick.

Kreis Mettmann. Am 11. September 2001 unterbrach der WDR um 14.57 Uhr sein Musikprogramm für eine Eilmeldung: Gerade sei ein Sportflugzeug in das New Yorker World-Trade-Center geflogen. Mehr Informationen über den „Unfall“ gab es noch nicht. Erst später stand fest, dass es kein Unfall, sondern ein Terroranschlag war: Eine Boeing 767 der American Airlines war in den Nordturm geflogen.

Der Kölner Sender stoppte sein Programm und schaltete live in die USA. Als um 15.03 Uhr — in New York war es 9.03 Uhr am Morgen — die zweite Maschine in den Südturm krachte, verschlug es selbst einem erfahrenen Radioreporter wie Horst Kläuser die Sprache. Fassungslos stammelte er ins Mikrofon, was nicht in Worte zu fassen war.

Die Bilder, die dazu über die Fernsehschirme flimmerten, haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Sie schockten, sie verstörten. Im Kreis Mettmann unterbrachen viele Menschen ihre Arbeit, scharten sich um Radios und Fernseher. Andere erfuhren auf der Straße oder im Bus von den unfassbaren Ereignissen.

Auch am Tag danach gab es nur dieses eine Thema auf der Straße, am Arbeitsplatz, in den Schulen und an der Einkaufstheke. Alle öffentlichen Gebäude waren halbmast geflaggt. In den Rathäusern einiger Städte im Kreis lagen Kondolenzbücher aus. Ratingens Bürgermeister schickte ein Trauer- und Beileidsschreiben an seinen Amtskollegen in der amerikanischen Partnerstadt Vermillion. Viele Kirchengemeinden luden zu Trauerandachten und zum stillen Gedenken ein. In Haan war die evangelische Kirche schon am Morgen voll besetzt. In der Kirche an der Freiheitstraße in Mettmann fanden sich zur Mittagszeit mehr als 50 Gläubige zum Gebet für den Frieden ein.

In den Niederlassungen der US-amerikanischen Firmen im Kreis ging der Berufsalltag zwar weiter, von Normalität konnte aber nicht die Rede sein. Man versuchte fieberhaft, Kontakte in die Heimat herzustellen. „Unsere Mitarbeiter sind völlig geschockt. Wir haben auch Kollegen in New York, denen aber Gott sei Dank nichts passiert ist“, berichtete damals ein Sprecher des Software-Konzerns SAP in Ratingen. In anderen Unternehmen wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft, die Polizei verstärkte den Schutz sensibler Firmen.

Sorge und Angst herrschten bei all jenen, die Verwandte oder Freunde in New York hatten. Der Wülfrather Till Thomas hatte fast pausenlos versucht, seinen in der Metropole weilenden Bruder zu erreichen. Es gelang ihm.

Eine anonyme Bombendrohung in der McDonald’s-Filiale in Ratingen West löste in der Mittagszeit einen Großeinsatz der Polizei aus. Alle verfügbaren Kräfte rasten zum Tatort und sperrten das Gebäude ab. Das zu dieser Zeit gefüllte Restaurant wurde geräumt und gründlich durchsucht. Trotz Entwarnung lagen die Nerven bei den Menschen blank.

In den Schulen wurden Gedenkminuten abgehalten. Lehrer und Schulpsychologen versuchten, in den Klassen die schockierenden Informationen und Bilder mit den Schülern aufzuarbeiten und Ängste aufzufangen. In den Oberstufen verarbeiteten die jungen Menschen ihre Gedanken und Gefühle auf Wandzeitungen.

Das kulturelle Leben stand für ein paar Tage still: In allen Städten des Kreises Mettmann fielen die Theater-, Kabarett und Musikveranstaltungen aus. In Hilden wurde nach intensiver Diskussion das Oktoberfest mit Autoschau und verkaufsoffenem Sonntag abgesagt. „Die Welt hat sich verändert“, sagte damals Ralf Kraemer vom Stadtmarketing.

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