Regen lässt den Honig fließen

Der mäßige Sommer ist für die Imker ein Segen. Die Produktion läuft auf Hochtouren — teilweise hat sich die Honigmenge verdoppelt.

Kreis Mettmann. Wenn es wie im Juli gar nicht mehr aufhören will zu regnen, grinst Volker von Schintling übers ganze Gesicht. Er kann dem Schmuddelwetter, das andere nur meckern lässt, einiges abgewinnen. Denn der Imker weiß: Wenn es feucht genug ist, dann wird er jede Menge Honig ernten. Denn die Gemeine Honigbiene ist auch bei feuchtem Wetter entgegen der landläufigen Meinung durchaus aktiv — und sie hat leichtes Spiel bei der Suche nach süßem Nektar in den Blüten.

„Wenn es nass ist, dann ist der Nektar in den Blüten flüssiger. Der Biene fällt es dann leichter, den Saft mit dem Rüssel aufzunehmen. Insofern ist ein feuchter Sommer für die Honigernte viel besser, als Sonnenschein pur. Ein klassischer Freibadsommer bedeutet weniger Honig in den Waben“, sagt von Schintling.

Die zweite Ernte im Sommer ist nun auch beendet. Und die rund 350 Imker im Kreis Mettmann haben regelrechte Rekorderträge: Fast doppelt so viel im Vergleich zu einem Sommer mit viel Sonne haben sie dieses Jahr schleudern können. Von Schintling beispielsweise erntet aus den Waben seiner sieben Bienenvölker normalerweise 25 Kilogramm Honig, was 50 Gläsern entspricht. Jetzt aber stehen 100 Gläser in seinem Regal.

Doch bis der Mensch sich den Honig auf ein Croissant streichen oder den Tee damit süßen kann, hat die Biene allerhand zu tun. Die Arbeiterbienen tragen in ihrer Honigblase den Nektar zum Bienenstock und übergeben ihn dort an Kolleginnen. Bis dahin haben sie den Blütensaft schon mit Enzymen aus körpereigenen Säften versetzt.

Die possierlichen Insekten geben sich nicht nur mit einer Blüte zufrieden, wenn sie auf Nektarsuche gehen. Sie brauchen rund 200 verschiedene Blüten für die Honigproduktion. Die Kolleginnen im Stock wiederum versetzen den Nektar mit Enzymen und füllen die klebrige Leckerei dann in die Waben. Merken die Bienen, dass der Honig zu feucht ist, starten sie ein regelrechtes Fitnessprogramm in ihrem Staat — die Biene, sozusagen eine Freundin des kollektiven Sports. „Dann spannen sie die Flügelmuskulatur immer wieder an, um Wärme zu produzieren, damit die Feuchtigkeit verdunstet“, erklärt von Schintling.

Aber nicht nur Blütennektar wird zu Honig. Die Tiere zapfen auch Blattläuse an, die auf Bäumen sitzen. „Das hört vielleicht niemand gerne, aber der Waldhonig, den viele gerne mögen, wird sozusagen aus Läusepippi gemacht.“

Ein Teil des Honigs verfüttern die Bienen aber auch innerhalb des Staates. Erstens an die Nachkommenschaft, zweitens an ihre Monarchin. Besonders, wenn die sich aufmachen will zum Hochzeitsflug. Den hat von Schintling auch in diesem Sommer erleben können.

Ein Volk hat sich geteilt: Eine Königin verlässt mit der Hälfte ihres Volkes ihren Staat. Die hinterbliebenen Bienen verlieren dann zwar kurzfristig die Harmonie, weil sie sich ohne ihre Majestät unwohl fühlen, setzen aber sofort eine Wabe an, aus der eine neue Königin schlüpft. 21 Tage dauert das. Vier Tage nach ihrer Geburt wird sie von ihrem Hofstaat kräftig mit Honig gefüttert. Denn für ihren Hochzeitsflug zu den Drohnen, den männlichen Bienen, muss sie eine ordentliche Strecke zurücklegen. Da braucht sie Energie. „Die neue Königin fliegt zwei Kilometer in die Höhe, wo die Männchen warten, um sie zu begatten. Ist das Liebesspiel vorbei, fliegt sie zurück zu ihrem Bienenvolk und legt ihre Eier in die Waben.“

Und weil sich genau dieses Spektakel auf dem Gelände von Imker von Schintling ereignet hat, hat er nun ein weiteres Bienenvolk auf seinem Grundstück. Er wird im kommenden Jahr also noch mehr Honig ernten können. Vorher geht es für die Tiere aber in den Winterschlaf — in der Regel Ende Oktober. Denn die Tiere mögen es nicht, wenn es zu frostig wird. Wird es kühler als zwölf Grad, stellen sie das Fliegen ein. Dann haben sie nur noch eine Aufgabe bis zum nächsten Frühling: den Stock auf 35 Grad zu erwärmen. Denn die Monarchin mag es kuschelig warm.

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