Wirte wettern gegen die Stadt

Gastronomen sollen weniger Stühle und Tische nach draußen stellen, damit der Marktplatz barrierefrei wird.

Ratingen. Der Ärger um die Werbesatzung geht in eine neue Runde: Nachdem im vergangenen Jahr die Einzelhändler schon Sturm gelaufen sind, rufen nun die Gastronomen dazu auf. Und nicht nur sie: auch die Bürger. „Wir können nicht mehr gemütlich draußen sitzen, wenn die Gastronomen sich an die Vorgaben halten müssen“, sagt Bürgerin Andrea Schüller.

Sie ärgert es, dass die Wirte die Platzzahl reduzieren müssen. „Und dann wird dafür das Argument vorgeschoben, dass Behinderte und Ältere ansonsten nicht barrierefrei durch die Innenstadt kommen“, sagt Schüller. „Dass die aber jetzt gar keinen Platz mehr an den Tischen der Cafés und Kneipen haben, um sich hinzusetzen, geschweige denn mal einen Rollator neben einen Tisch zu stellen, das interessiert wohl niemanden. Das macht die Werbesatzung eben so absurd.“

Grund für ihren Frust ist der Besuch von Ordnungsamtsmitarbeitern bei einer ihrer Lieblingsgaststätten am Marktplatz — dem „Ratinger Löwen“. Bisher konnten dort immer bis zu sechs Personen an einem Tisch sitzen. Jetzt werden es nur noch zwei sein.

Wirtin Anja Leopold war laut eigener Aussage dazu gezwungen, „weil ich ja einen Meter bis zur Pflasterung freihalten muss“. Das hätten ihr die Ordnungsamtsmitarbeiter gesagt.

„Freitags waren sie da, montags sollte ich schon alles anders aufstellen“, sagt sie. „Als ich gefragt habe, ob ich etwas schriftlich haben könnte, wurden sie pampig. Sie sagten, dass bräuchten sie nicht zu tun.“

Leopold sieht durch die Regelung ihren Betrieb bedroht. Sie habe die Einnahmen durchgerechnet. „Wenn ich weniger Plätze im Sommer habe, werde ich pro Tag 500 Euro weniger einnehmen“, sagt die Gastronomin.

Unsicherheit herrscht auch bei anderen Gastronomen. Großes Thema ist unter anderem der Abbau von Stühlen und Tischen am Ende des Tages. „Manche müssen sie wegen des Brandschutzes reinstellen und dürfen sie nicht an der Hauswand aufstapeln. Andere müssen das nicht tun. Das versteht doch niemand“, sagt einer, der anonym bleiben will.

Die Stadt weist die Kritik zurück. „Die Werbesetzung ist im Amtsblatt veröffentlich worden. Die Gastronomen haben erfahren, welche Regelungen sie betreffen“, sagt Ordnungsamtsleiterin Barbara Arndt.

Sie bestätigt, dass in den vergangenen Tagen Mitarbeiter bei Gastronomen waren, „weil einige immer noch keinen Antrag auf Sondernutzung gestellt haben. Diesen müssen sie aber stellen, um draußen bewirten zu dürfen“.

Dabei hätten die Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass Barrierefreiheit gewährleistet werden muss, wenn Tische und Stühle aufgestellt werden. Die Aufregung, sie hätten nun weniger Platz, kann Arndt nicht verstehen. „Es wird Kompensationsflächen auf dem Marktplatz geben, die wir anteilsmäßig aufteilen.“

Zur Frage, wo Tische und Stühle aufbewahrt werden dürfen, erklärt sie: „Gastronomen, die Privatflächen haben, dürfen sie auch dort lagern, alle anderen müssen ihre Tische und Stühle reinstellen.“

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