Wehrmänner retten Eichhörnchen

Die Feuerwehr half ihrem Ex-Chef und holte die fünf Jungtiere vom Dach. Anschließend wurden sie von tatkräftigen Helfern versorgt.

Ratingen. Es gab mehrere Augenblicke während der Rettungsaktion, in denen alle Zuschauer am liebsten „Oh wie süß“ gerufen hätten. Auch noch, als der Dachdecker das Eichhörnchen-Nest — den Kobel — hoch droben bei der Dachrinne entdeckt hatte und die darin befindliche Familie retten wollte. Doch da sprang ihm die Eichhörnchen-Mutter mit Schmackes entgegen. Der Dachdecker verzichtete auf weitere Hilfsbereitschaft. Aber das war ja schon mitten in der Geschichte. Angefangen hatte sie auf der einen Seite damit, dass eine Eichhörnchenfamilie unbedingt eins ihrer Nester bei Helmut Gansen, dem beliebten, langjährigen Feuerwehrchef, unter dem Dachjuchhee baute. Auf der anderen Seite hatten die Bewohner dort schon bald Sorge, dass mögliche Regenschauer das junge Leben in ihren Fluten ertränken könnten.

Also wurde zunächst der Dachdecker gerufen, der sich mit den Regenrinnen auskannte. Ergebnis: siehe oben. Nun waren die Eichkatzerl, wie man die Hörnchen in Österreich so nett nennt, nicht vergebens in Gansens Haus heimisch geworden: Der Mann kennt sich mit der Rettung von Mensch, Tier und Sachwerten aus. Auch dann, wenn’s schwierig wird.

Und es war schwierig, denn ein Wagen mit Hubbühne hätte nicht dahin gefahren werden können, wo er gebraucht wurde. Kletterkünste waren gefragt — und wurden von wackeren Wehrmännern erbracht. Sie machten sich erst mit einer Leiter, dann mit Mut über einen Balkon und übers Dach ans Werk. Gottlob war die Eichhörnchen-Mutter ja schon verschwunden. Und was fand sich in dem Kobel: Fünf allerliebste Jungtiere. Jetzt war „Oh wie süß“ wieder angebracht.

Aber — wer wollte sich nun um die Brut kümmern, deren weiteres Gedeihen in einem Karton keinesfalls gesichert war? Behutsam transportierte man die Kinderschar zur Hauptfeuer- und Rettungswache. Von dort aus wurde die Eichhörnchen-Hilfe in Solingen informiert, und schon bald befanden sich die Waisen auf dem Weg in ein neues Heim. Inzwischen erfuhren die Feuerwehr-Retter, dass es sich um drei weibliche und zwei männliche Tiere handelte und dass sie wacker Nahrung zu sich nehmen.

Der clevere Nestbau wird rund ums Jahr betrieben und bietet den Baumhörnchen immer Schutz. Die Tiere konstruieren ihre Kobel in hoch gelegenen Astgabeln, sechs bis fünfzehn Meter oberhalb der Erde. Oder auch bei Gansen am Haus. Jedem Eichhörnchen stehen zwischen zwei und acht solcher Wohnsitze zur Verfügung — wenn nötig, kann das Hörnchen seinen Hauptwohnsitz jederzeit wechseln.

Ein Kobel ist kugelförmig und hat einen Durchmesser von bis zu fünfzig Zentimetern. Er verfügt über zwei oder mehr Ausgänge, die im Gefahrfall eine Flucht erleichtern. Hilfsweise muss man dem Dachdecker ins Gesicht springen. Das Gebilde besteht aus Reisig und Zweigen, Tannennadeln und Blättern. Von innen ist das Eichhörnchen-Nest mit weichen Materialien ausgepolstert: Eine Schicht aus Moos, Federn und Gras sorgt für Komfort.

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