Voices-Festival vor dem Aus

Die Stadt will die Zuschüsse für das Festival kappen. In der Politik regt sich Widerstand. Sie will die Veranstaltung erhalten.

Ratingen. „Voices — das Festival der Stimmen“ hat sich ausgesungen. Zurzeit deutet alles darauf hin, dass die fünfte Auflage der über die Stadtgrenzen hinaus bekannten und beliebten Veranstaltung zugleich auch die letzte war. Angesichts der klammen Stadtkasse will die Verwaltungsspitze den Zuschuss streichen. Ohne die städtische Finanzspritze ist das Festival aber nicht überlebensfähig. Das weiß auch Dirk Tratzig. „Ohne städtischen Zuschuss geht das Festival in seiner bisherigen Form nicht weiter“, sagt der scheidende Kulturdezernent.

Peter Baumgärtner, der als künstlerischer Leiter das Festival einst mit Tratzig und der damaligen Kulturamtsleiterin Inge Röhnelt aus der Taufe gehoben hat, ist ernüchtert: „Ich habe Voices innerlich schon fast abgeschlossen.“ Es sei bitter, dass das, was in fünf Jahren aufgebaut wurde, so einfach „den Bach runtergeht“. Der Vorschlag aus dem Rathaus, das Festival nur über Eintrittsgelder und Sponsoren zu finanzieren, sei unrealistisch — auch wenn er ständig auf der Suche nach neuen Sponsoren sei. Viele der bisherigen Sponsoren würden gerne weitermachen und seien über das mögliche Aus entsetzt.

Dabei gehe es für die Stadt letztlich um 15 000 bis 20 000 Euro, die sie beisteuern müsste. So viel bleiben vom städtischen Zuschuss (40 000 Euro) übrig, wenn die Einnahmen aus Eintrittskarten abgezogen werden. Baumgärtner stehe auch weiterhin für das Festival zur Verfügung — auch mit seinen Kontakten in die Künstlerszene. „Aber nicht mit finanziellen Einbußen“, sagt er. Alles über den Eintritt zu finanzieren, sei ein zu großes Risiko.

Für Tratzig, der sich vom engagierten Kämpfer für das Festival zum harten Kritiker gewandelt hat, ist das Kapitel weitgehend abgehakt. Das Geld der Stadt sei als Anschub- nicht als Dauerfinanzierung gedacht gewesen. „Es war immer ein Zuschussgeschäft. Wir haben das fünf Jahre gemacht — und nie war das Haus voll.“ Dass die Besucherzahl in diesem Jahr mit 1591 nah am realistischen Maximum (1800) lag, erkennt Tratzig zwar an, aber er gibt dem Festival in seiner jetzigen Form „keine Zukunft“ in Ratingen.

Man sei angetreten, ein Angebot zu schaffen, das einzigartig in der Region sein sollte. Tratzig: „Das Festival hat zuerst gut eingeschlagen, dann stagnierte es — und jetzt geht es nicht nach vorn.“ Ratingen hätte fünf tolle Festivals gehabt, aber jetzt müsse es „inhaltlich neu“ überdacht werden, mit dem neuen Dezernenten. Deshalb sei eine Neuauflage 2013 unrealistisch.

In der Politik regt sich Widerstand. „Sachen, die gut laufen, soll man nicht kaputtmachen“, sagt Susanne Stocks (Grüne). „Voices einfach sterben lassen, sehe ich noch nicht“, sagt Ewald Vielhaus (CDU). Hannelore Hanning (FDP) will prüfen lassen, ob Zuschüsse immer nötig sind. Vielleicht könne es 2014 ein Festival geben, „ganz sterben lassen sollte man es nicht“. „Einmal aussetzen, ist gefährlich“, mahnt Alexander von der Groeben (Bürger-Union). „Noch kennen wir die Haushaltsdaten nicht.“ Man habe wenige solcher Höhepunkte. Christian Wiglow (SPD): „Wir wollen nicht, dass Kultur kaputt gespart wird.“

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