Prozess Verurteilung wegen Vorteilsnahme: Ex-Baudezernent droht jetzt die Abwahl

Urteil sorgt für Überraschung im politischen Lager. Da eine Rückkehr des ehemaligen Baudezernenten derzeit nicht absehbar ist, denken manche Fraktionen über eine Neuausschreibung nach.

Ratingen. 90 Tagessätze à 120 Euro: Zu dieser Geldstrafe ist der ein vom Dienst suspendierte Baudezernent aus Ratingen am Montag vom Düsseldorfer Landgericht verurteilt worden.

Den Rabatt in Höhe von 25 Prozent, die er für den Einbau einer Sanitär- und Heizungsanlage in seinem Privathaus bekommen hatte, wertete das Gericht als Vorteilsnahme.

Der Angeklagte nahm das Urteil und auch die mündliche Begründung wie versteinert zur Kenntnis. Er hatte wie manche Prozessbeobachter mit einen Freispruch gerechnet. Überrascht war auch sein Anwalt Rüdiger Deckers, der sofort Revision ankündigte.

„Vielleicht wollte das Gericht eine Revision provozieren“

Das Urteil sorgte auch in der Ratinger Politik für Erstaunen und Überraschung. „Eigentlich konnte man nach dem bisherigen Stand der Dinge von einem Freispruch ausgehen. Aber es ist anders gekommen, nahezu überraschend“, sagte Christian Wiglow (SPD) und ergänzte: „Wenn das Gericht keine Entlastungszeugen hören wollte, könnte man ja schon fast vermuten, dass es eine Revision provozieren wollte.“

Für die Zukunft ist für den Fraktionsvorsitzenden klar: „Wir können nicht hinnehmen, dass wir keinen Baudezernenten haben. Dafür gibt es zu viele Großprojekte in der Stadt.“

Ebenso überrascht über den Richterspruch war Ewald Vielhaus, Fraktionsvorsitzender der CDU. Auch er vertrat die Ansicht, dass es nicht zumutbar sei, dass die Stelle unbesetzt bleibe. „Wie wir damit aber umgehen, das müssen wir jetzt erst in der Fraktion beraten.“

Bürger-Union will über ein Abwahlverfahren nachdenken

Ebenso will die FDP verfahren, kündigte Fraktionsvorsitzende Hannelore Hanning an. „Mit diesem Urteil habe ich nicht gerechnet, nach allem, was man im Vorfeld erfahren konnte.“ Für den Angeklagten sei das jetzt eine „üble Situation“.

Nicht überrascht war Susanne Stocks (Grüne): „Das Urteil war ja möglich.“ Sie wolle es aber nicht kommentieren „ , weil ich keine Juristin bin.“ Politisch werde das Thema in der nächsten Fraktionssitzung behandelt. „Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen: Wir brauchen einen neuen Beigeordneten. Deshalb muss die Stelle meiner Meinung nach neu ausgeschrieben werden“, sagte sie.

Wird die Stelle neu ausgeschrieben, muss der Baudezernent vorher abgewählt werden. Manfred Evers (Ratinger Linke) geht davon aus, dass das „sehr wahrscheinlich passieren wird, weil eine Fraktion des Rates einen entsprechenden Antrag vermutlich stellen wird“, sagte er. Evers selbst sieht aber auch Probleme für den Angeklagten, an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. „Wie soll das gehen, zumal er jetzt auch noch in Revision gehen will?“

„Wir müssen wohl über ein Abwahlverfahren nachdenken“, sagte Alexander von der Groeben (Bürger-Union). Bislang habe im Fall die Unschuldsvermutung gegolten, mit dem Urteilsspruch sei das jetzt anders. Er sehe nicht, dass der Angeklagte in nächster Zeit als Baudezernent zurückkommen werde. Zumal auch noch das Disziplinarverfahren im Raum stehe (siehe Kasten), bei dem die „Schwellen noch deutlich niedriger sind.“ Von der Groeben werde bald Gespräche mit den Fraktionen führen.

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