Tiptel lässt Elektronik sprechen

Die Ratinger Firma behauptet sich mit Spezialprodukten auf dem Telefonmarkt.

Ratingen. „Nein, in einer Garage haben wir nicht getüftelt. Das ist eine Legende“, sagt Erhard Schäfer. Aber viel Pioniergeist war schon dabei, als der Tiptel-Firmenchef sich vor 40 Jahren mit seinem Partner Norbert Köhler anschickte, die Welt der Telefone umzukrempeln.

Schäfer hatte bei Siemens Fernmeldemonteur gelernt und war daher mit Elektronik und Kommunikation vertraut. Die üblichen Telefone damals waren mausgrau, hatten eine Wählscheibe und gehörten der Post. Was ihn umtrieb, war die Tatsache, dass Wählscheibentelefone keine Nummern speichern konnten. „Es gab damals für Firmen zwar einen Riesenkasten, der hat 10000 Mark gekostet. Um 30 Nummer zu speichern, brauchte man zwei Tage.“

Schäfer machte sich selbstständig und tüftelte mit Köhler an einem einfachen, preiswerten Modell. 1977 brachten sie „Tele Magic 14“, einen elektronischen Rufnummernwähler mit Halbleitertechnologie, auf den Markt. Mit dem Erfolg kam der Umzug in ein neues Büro- und Betriebsgebäude in Tiefenbroich. Das kleine Unternehmen boomte und war jahrelang Marktführer — bis 1983. „Die Telefone wurden immer komfortabler — mit Zielnummern und Spezialtasten. Das war dem Geschäft abträglich“, erinnert sich Schäfer.

Doch da baute er dem Unternehmen schon ein zweites Standbein auf: Anrufbeantworter. „Wir wollten sie leistungsfähiger und günstiger machen.“ Gesagt, getan. Bald war „Tiptel“ der Inbegriff des Anrufbeantworters — und wieder Marktführer. Noch heute spielt die Firma in diesem Bereich in der obersten Liga, mittlerweile erweitert mit „Call-Managern“ und „Voice-Mail-Systemen“.

1985 wurde das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft, die Tiptel Elektronik GmbH, umgewandelt. 1991 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, die ein Jahr später erstmals an der Börse notiert wurde. Mit dem frischen Kapital baute die Firma ein neues Werk mit modernsten Fertigungstechnologien. Tiptel gründete Auslandsgesellschaften und Beteiligungen, kaufte Firmen auf. Mit der Übernahme des insolventen Telefon-Riesen Hagenuk geriet auch Tiptel in Schieflage, musste 2007 selbst Insolvenz anmelden. „Das mit Hagenuk war ein Megaflop“, sagt Schäfer rückblickend.

Schäfer war 1999 aus der Firma ausgestiegen, 2007 stieg er wieder ein, um sie umzustrukturieren. Er gründete das Produktionsunternehmen Coronex, um die topmodernen Bestückungsmaschinen auszulasten: Roboter löten damit bis zu 60 000 elektronische Bauteile pro Stunde auf Platinen. „70 bis 80 Prozent der Produktion sind für andere Unternehmen — Spezialaufträge. Solche komplizierten Aufgaben lassen sie bei uns machen und nicht in Fernost“, sagt Schäfer. Die gängigen Tiptel-Telefone und Anrufbeantworter werden dagegen in China produziert.

Da der Telefonmarkt sich dank Smartphone und Handy grundlegend geändert hat, setzt Tiptel auf Nischen — etwa die „Ergo“-Reihen. Große Tasten, Bilder und Anzeigen machen die Geräte (Handy, Telefon, Wählgerät) vor allem für Senioren und Sehbehinderte attraktiv. Als neuen Kernbereich sieht Schäfer aber die IP-Telefon, bei denen die Teilnehmer via Internet kommunizieren. Diese Topgeräte sind nach wie vor „Made in Ratingen“.

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