Ratinger Nachtleben: Früher top, heute ein Flop

Zwei Frauen aus zwei Generationen blicken auf Ratingen: Denise Cordes (19) wünscht sich mehr Leben in der Stadt. Andrea Schüller (56) sagt: „Hier war richtig was los.“

Ratingen. Das „B5“ an der Bechemer Straße — dort sitzt Denise Cordes oft, trinkt Kaffee, quatscht mit ihren Freundinnen und versucht, die viele Zeit, die sie gerade hat, rumzukriegen.

Die 19-Jährige hat gerade ihr Abitur gemacht und beginnt in wenigen Wochen ihren Bundesfreiwilligendienst im Fliednerkrankenhaus in Lintorf.

„Aber weil ich gerade viel Freizeit habe, fällt mir auf, dass Ratingen für Leute in meinem Alter nicht viel zu bieten hat. Wir können eigentlich nur in Cafés sitzen“, sagt sie und ergänzt: „Ich habe hier eigentlich nichts verloren. Ratingen ist eine richtig alte Stadt.“

Für sie fehle es deutlich an Bars und Clubs. „Da müsste es einfach mehr geben. Mehr Wahlfreiheit eben. Aber wir sind gezwungen, in die größeren Städte zu fahren. Dabei wäre das super, wenn ich auch in Ratingen mal ausgehen könnte“, sagt sie.

Klar gehe sie hin und wieder ins „Tom’s on the rocks“ oder auch mal ins „Café Comic“, aber das sind Kneipen. Und in den anderen Bars fühle sie sich fehl am Platz, „weil die doch eher die Älteren ansprechen“. Auch die Jugendzentren sind nicht „ihr Ding“.

Mit ihren Freundinnen sei sie deshalb oft zu Hause. „Dann hängen wir eben da ab, schauen Videos oder hören Musik. Das ist zwar nett, aber auf Dauer langweilig.“

Da sah die Jugend in Ratingen von Andrea Schüller ganz anders aus. Wenn die 56-Jährige von ihren Ausflügen ans Baggerloch in West oder von Abenden „bei Ruwwe“ an der Kreuzung Düsseldorfer Straße/Grabenstraße erzählt, dann werden die Augen größer. Sie lächelt.

„Das war einfach toll dort. Alle meine Freunde sind dort hingegangen, um zu tanzen. Damals hat man ja auch noch richtig miteinander getanzt — Fox und so, auch Blues. Das war eben der Kennenlerntanz damals“, sagt sie mit Blick auf die 1970er-Jahre. Bei „Ruwwe“ hat sie auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie zwei Kinder hat. Und wenn bei „Ruwwe“ Schluss war, ging es ab zur „Kupferpfanne“ an die Rosenstraße. „Dort gab es die beste Gulaschsuppe der Stadt“, sagt sie.

Doch „Ruwwe“ war damals nur einer von vielen Treffpunkten. Schüller und ihre Clique gingen auch in den „Club“ an der Turmstraße. „Und später kam dann noch das ,Golden Inn’ in Ratingen West hinzu — ein verschriener Schuppen. Aber auch dort haben wir geschwoft.“

Und Schüllers Erinnerungen wollen gar nicht enden. „Wir hatten auch eine Veranstaltung der Kirchengemeinde, wo wir tanzen konnten, und dann das Autokino. Herrlich war das, wenn wir beschlagene Scheiben gesehen haben. Da wussten wir genau, was die anderen Verliebten so treiben“, sagt sie. „Das ist echt schade, dass es das alles nicht mehr gibt. Ich kann nur sagen: Ich bin froh, dass ich heute nicht jung sein muss in dieser Stadt.“

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