Knigge hilft, wenn das Bier zu warm ist

Lokale und Restaurants gehen mit Beschwerden ganz unterschiedlich um — in einem Fall muss die Polizei einschreiten.

Knigge hilft, wenn das Bier zu warm ist
Foto: Keystone / Jochen Zick

Ratingen. Neulich in einem Ratinger Gastro-Betrieb. Der Salat war ganz kalt, der bestellte Grillteller war lauwarm — das Essen ging zurück. Als die Zahlung verweigert wurde, holte man die Polizei: Die Mitarbeiter wollten die Personalien des Quengel-Gastes haben, nachdem dieser das Ausfüllen eines vorgedruckten „Mängelberichtes“ verweigert hatte. Kein Einzelfall: Wer als Gast herumnörgelt, kann sich oft auf Diskussionen einstellen, ein wirklich professioneller Umgang mit Beschwerden — ob berechtigt oder nicht — wird immer seltener. Wir fragten Gäste und Profis.

Kerstin Krämer, Chefin des Landhotels Krummenweg

So weit, dass am Ende gar die Polizei auftaucht, um die Sache zu einem friedlichen Ende zu bringen, muss es nicht kommen. „Grundsätzlich hat der Gast es verdient, sich Zeit für ihn und sein Anliegen zu nehmen“, sagt Kerstin Krämer, Chefin des Landhotels Krummenweg. „Prinzipiell hat der Gast Recht“ — aus seiner Perspektive. „Wir versuchen grundsätzlich dem Betreffenden zu signalisieren, dass seine Botschaft bei uns angekommen ist.“ Aber ist sie auch gerechtfertigt? Dazu muss bei den Mitarbeitern nachgefragt werden. Stellt sich die Kritik als falsche Erwartungshaltung oder überzogene Forderung heraus, kann wenig getan werden. „Ist aber tatsächlich etwas falsch gelaufen, versuchen wir es wieder gut zu machen“ — und zwar mit konkreten Versprechen.

Da gibt es im Hotel dann beispielsweise ein Upgrade bei der kommenden Zimmerbuchung oder für Restaurantgäste eine Gutschrift. „Wer Beschwerden verständnisvoll behandelt, gewinnt womöglich einen Gast fürs Leben.“

Auch erlebt: Die Dame — mit Allergie gegen Schweinefleisch — hatte Spaghetti Arrabiata bestellt, weil’s vegetarisch sein sollte. Serviert wurde mit Speck, was zum Glück rechtzeitig auffiel. Das Ganze ging zurück, dann kamen mit Ketchup und Sauce „verlängerte“ Nudeln, aber irgendwie „ziemlich trocken“. „Ach, Sie mögen’s etwas tomatiger?“, bekam die Dame daraufhin in leicht süffisantem Ton zu hören. Manchmal wird auch ganz unverhohlen die Kompetenz des Gastes in Frage gestellt. „Den anderen Gästen schmeckt es aber“, bekam ein Dumeklemmer mal zu hören.

Wie Beschwerden in der Gastronomie gehandhabt werden können, ist auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ein Thema.

An der hauseigenen Akademie werden entsprechende Seminare wie „Reklamationen souverän bearbeiten“ angeboten, im eigenen Magazin wird darüber berichtet. „In den Seminaren versuchen wir, entsprechend zu sensibilisieren“, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des NRW-Dehoga. Durch Einträge in Online-Foren hat sich Beschwerdemanagement insofern verändert, als es unmittelbarer auftritt. „Das muss man akzeptieren. Der offensiv-konstruktive Umgang ist Voraussetzung für ein positives Beschwerdemanagement.“ Wer dann noch die Beschwerde als Chance in Form eines „Informationsgeschenks“ sieht, kann sogar gewinnen. Nämlich eine offensichtlich ausbaufähige Lücke zu schließen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort