Karnevalsgottesdienst: Halleluja, ist das jeck

In der Kirche muss es ernst zugehen — von wegen. Beim Karnevalsgottesdienst in Ratingen wird zwischen den Gebeten geschunkelt und gelacht.

Ratingen. Sagt ein Clown zum Pfarrer: „Grüß Gott.“ Sagt der Pfarrer: „Das machst du mal schön selber!“ „Cum Deo“ (mit Gott) lautet der Leitspruch der Ratinger Prinzengarde Rot-Weiss, die am Samstag zum Karnevalsgottesdienst eingeladen hatte. Das Motto machte die katholische Kirche St. Peter und Paul zu einem Ort der fröhlichen Kontraste.

Der einstündige Sessionsgottesdienst, dessen Tradition 2007 begann, hat sich herumgesprochen, denn nicht nur Ratinger waren unter den Besuchern. „Der Zuspruch ist über die Jahre stetig gewachsen“, weiß Fabian Pollheim, Präsident der Prinzengarde. „Es ist einer der besonderen Momente nicht nur in der Session, sondern im Kirchenjahr“, ergänzt Pastor Benedikt Bünnagel und hofft, dass manche Besucher dadurch „einen Zugang finden, mal wieder in die Kirche zu gehen“.

Es war voll wie sonst nur an Weihnachten. Die ersten Besucher sicherten sich bereits anderthalb Stunden vor Beginn einen Sitzplatz. Andere lehnten an den Säulen oder hatten Stühle in die Seitengänge getragen. Sie wurden Zeuge einer Mischung aus sakraler Erhabenheit und närrischem Frohsinn: Sang der Knabenchor Hösel zum Einzug „Ich will dich rühmen, mein Gott und König“, lieferte der Ratinger Gastronom Heinz Hülshoff (bekannt durch den Karnevalsschlager „Zeig mir mal dein Däumchen“) zum Schuldbekenntnis das Lied „Engel triffs de nur em Himmel“.

Zur musikalischen Fülle gehörten zudem „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, interpretiert von Tenor Michael Droste und Christian Siegert an der Orgel, sowie die Stadthymne „Viva Ratingia“.

Zentraler Programmpunkt war die Büttenpredigt Bünnagels, der seit 2002 in Ratingen als Pfarrer tätig ist. „Die Prinzengarde hat bei mir ein offenes Ohr gefunden“, sagt der 44-Jährige, dessen Predigten sonst ohne Reime auskommen.

In seiner Rede verband er Aussagen aus einem Paulusbrief sowie dem Evangelium und Witze mit religiösen Bezügen: „Kommt eine Frau nach ihrem Tod in den Himmel und fragt Petrus, ob sie ihren verstorbenen Mann treffen könne. Petrus schaut im Computer nach: ,Nee, unter den Verblichenen ist kein Eintrag. Auch bei den Seligen nicht und nicht bei den Heiligen. Sagen Sie, gute Frau, wie lange waren sie denn verheiratet?’ Antwortet sie stolz: ,Über 50 Jahre!’ Darauf Petrus: ,Das ist natürlich etwas anderes, dann finde ich ihn bei den Märtyrern.’“

Es wurde geschunkelt, gelacht, die Orgel untermauerte Witze mit einem Tusch, Gebetsabschlüsse wechselten zwischen „Amen“ und „Helau“.

Gab es dafür nicht anfangs Kritik? „Es ist eine Ausnahmesituation“, betont Bünnagel und schränkt ein: „Wir haben den Samstagnachmittag gewählt, so dass wir die Veranstaltung aus den üblichen Messzeiten heraushalten. Es ist ein Gottesdienst ohne Eucharistiefeier, zumal unterschiedliche Konfessionen zusammenkommen.“

Zudem besage eine Theorie, dass der Karnevalsruf „Helau“ eine Abwandlung von „Halleluja“ sei. „Kirche und Karneval sind untrennbar vereint.“ Das Wort „Karneval“ bedeutet „Fleisch, lebe wohl“ und kündigt die Fastenzeit an. Nicht zuletzt, wie Bünnagel in seiner Predigt sagte, könne ein Karnevalist „selbst die Unzufriedenen beschenken, dass sie das Schöne im Leben bedenken.“ Davon zeugte auch das Kirchenlied in Ratinger Platt, das die Gemeinde sang: „Danke, dat ech jesond on fit ben, / danke, dat ech min Arbet hann, / danke, dat ech noch janz ju’et drop ben / on ech danke kann.“

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