Jagd nach dem König der Pilze

Die viele Feuchtigkeit im Juli hat die Pilze in diesem Jahr eher und zahlreicher sprießen lassen. Die WZ begleitete die Sammlerin Monika Springer-Geldmacher auf ihrer Pirsch.

Ratingen. Sie hat ihn erspäht. Und nun es ist vorbei mit der Stille im Wald. „Da, da ist einer, wunderbar.“ Monika Springer-Geldmacher reißt die Augen auf, lächelt übers ganze Gesicht und geht mit schnellen Schritten zu dem Objekt ihrer Begierde — einem Butterpilz. Seine goldgelbe Kappe hat sie aus meterweiter Entfernung entdeckt. Als passionierte Pilzsammlerin kein Problem für Springer-Geldmacher, hat sie doch im Laufe der Jahre ein genaues Auge für die kleinen Gewächse entwickelt.

Von August bis Oktober geht die Ratingerin in den Wald, der an den Stadtteil Hösel grenzt. In diesem Jahr konnte sie schon mehrere Körbchen füllen. Und das früher als sonst: Weil der Juli so feucht war, schossen die Pilze schon deutlich eher aus dem Boden — und auch in spürbar größerer Menge.

„Ich sammele aber nur Pilze, die ich sicher kenne. Sobald ich nur den kleinsten Zweifel habe, lass’ ich sie stehen. Das ist eine Grundregel beim Sammeln“, sagt Springer-Geldmacher. Und wichtig sei auch, nie auf andere zu hören und sich immer nur auf den eigenen Instinkt und das eigene Wissen zu verlassen.

Einmal hat Springer-Geldmacher diese Regel gebrochen, als sie vor mehr als 30 Jahren mit dem Sammeln anfing — mit unangenehmen Folgen für sie, ihre Familie und Freunde. „Damals war ich auf Sammeltour. Ein Mann war auch dort unterwegs. Er fragte mich, warum ich Pilze, die am Wegesrand standen, nicht sammele. Sie seien doch genießbar. Ich hab mich auf ihn verlassen und die Pilze geschnitten und zu Hause ein Ragout aus ihnen gekocht.“ Selten sei ein Gericht so deliziös gewesen. Aber ein paar Stunden später habe sich einer nach dem anderen ihrer Lieben, die das Mahl gegessen hatten, übergeben. „Wir mussten den Notarzt rufen, weil es immer schlimmer wurde. Der sagte nur: ,Solange sie sich übergeben, ist es gut. Dann kommt das Gift raus’.“

Das Gift stammte vom Kahlen Krempling. Das fand Monika Springer-Geldmacher später heraus, als sich noch einmal schlaumachte, welche Pilze ihr fälschlicherweise empfohlen worden waren. Heute kann sie den Kahlen Krempling sofort erkennen. Genauso den Waldchampignon, den sie neben Maronenpilzen, Birkenröhrlingen und dem Perlpilzen kennt.

Das Wissen, welche Pilze genießbar sind und welche nicht, hat sich Monika Springer-Geldmacher sich teilweise aus Büchern selbst angeeignet. „Ich hatte aber auch einen Nachbarn, der mir in meinen Anfängen als Pilzsammlerin einiges erklärt hat“, sagt sie. Sachte setzt sie einen Schritt vor den nächsten. „Vorsichtig muss man sein. Wer beim Sammeln zu forsch ist, läuft Gefahr, die guten Dinger zu zertreten.“

Aber mit einem Mal stürmt die Ratingerin auf einen Pilz zu. „Das könnte er sein.“ Sie hofft darauf, den großen Fund gemacht zu haben. „Vielleicht ist das ein Steinpilz, er ist der König unter den Pilzen, weil er so unnachahmlich im Geschmack ist.“ Langsam gräbt sie den Pilz frei, bis auch der breite Stamm zu sehen ist. Ein sauberer Schnitt, dann schaut die Sammlerin sich das untere Ende des Stils an und leckt an der Schnittfläche. „Das ist ein Test. Wenn es bitter schmeckt, dann ist der Pilz in der Regel nicht genießbar. Aber bei diesem hier ist der Geschmack neutral — ein Steinpilz also, wie schön.“ Es hätte auch ein Gallenröhrling sein können. „Sieht dem Steinpilz täuschend ähnlich. Deshalb gilt: Immer schön vorsichtig sein und genau hinschauen und schmecken, bevor man irgendwelche Pilze sammelt.“

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