Im Bus ist Kuscheln angesagt

Verliebte, Ehepaare und ein paar Platzprobleme: Im Bus kommen sich die Menschen näher. Und erfahren Details über den anderen.

Ratingen. Die Herbstsonne scheint durch buntes Laub auf die Gruppe der wartenden Menschen am Bussteig. Mit knapp zwei Minuten Verspätung fährt der Bus 016 ein. Eine ältere Dame mit Rollator hält ihre Fahrkarte hoch und macht sich dann an der hinteren Tür daran, die Stufe zum Bus zu erklimmen. Sofort springen drei Fahrgäste hinzu und fassen mit an. Mit einem dankbaren Lächeln sinkt die Dame auf ihren Platz.

Die Fahrt geht in Richtung Altstadt. Trotz des Feiertages sind die Straßen belebt. Menschen gehen einzeln oder in Gruppen durch die alten Gässchen und genießen den warmen Herbsttag. Auch auf dem Friedhof sind viele Leute unterwegs. Allerheiligen führt Menschen an die Gräber ihrer Lieben, die den Friedhof sonst nur selten besuchen. Ein alter Mann steht einsam an einem Grab, unbeweglich. Sein Blick geht ins Leere.

Am evangelischen Krankenhaus steigen ein junges Pärchen und ein älteres Ehepaar ein. Die ältere Dame sitzt im Rollstuhl. Als auch noch eine Frau mit Kinderwagen den Bus betritt, gibt’s ein paar logistische Probleme — der Platz in der Busmitte ist begrenzt. Nachdem alle ihre diversen Gefährte so zurecht gerückt haben, dass jeder Platz findet, geht die Fahrt weiter.

Die Schranke am evangelischen Krankenhaus öffnet sich exklusiv für den Bus. Ratingen präsentiert sich in den leuchtendsten Herbst-Farben: Roter Wein an einem Wohnhaus, gelbbelaubte Bäume heben sich gegen den Himmel ab. An der Kreuzung vor dem Ärztehaus glänzt ein silberner Wetterhahn in den abendlichen Strahlen der Sonne.

Im Bus ist jetzt Kuscheln angesagt. Das junge Pärchen steht eng umschlungen vor der hinteren Tür, zwei Sitzreihen weiter halten die Frau im Rollstuhl und ihr Mann Händchen. Liebe durch alle Generationen.

Draußen lösen Einfamilienhäuser die Geschäfte und Wohnblocks ab. Die Eingangstüren sind geschmückt, Kürbisse stehen im Vorgarten. Zwei kleine Jungen laufen mit geschultertem Drachen zum Familienauto. Kurz ist der Blick frei auf den Wald. Eine Familie mit Hund beobachtet gespannt ein Eichhörnchen.

Nun geht die Fahrt zurück in Richtung Innenstadt. Eine laute Familie steigt ein und lässt die restlichen Fahrgäste teilhaben an detaillierten Erzählungen über Onkel Rolfs letzten Geburtstag. Am Ostbahnhof steigen sie aus und werden dort schon von Bekannten mit einer Bierflasche empfangen.

Der Bus wendet, und die Fahrt geht dieselbe Strecke zurück: Vorbei am herbstlichen Wald und den schmucken Einfamilienhäusern wieder in die Ratinger Innenstadt. Der Wetterhahn liegt nun im Schatten.

Am Bahnhof Ratingen-Mitte steigen die meisten Fahrgäste aus. Ein kleiner Junge dreht lautstark die Fahrplaninfotafel in ihrer Halterung. Die letzten Strahlen der Herbstsonne spiegeln sich in den Fenstern des anliegenden Wohnhauses. Der Tag geht zu Ende und damit auch eine Fahrt durch ganz unterschiedliche Bereiche mit ganz unterschiedlichen Menschen durch das herbstliche Ratingen.

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