Frieren in der Flüchtlingsunterkunft

Die Bedingungen in dem Provisorium an der Poststraße sind schwierig: Es ist kalt und bis jetzt fehlt noch ein Küchencontainer.

Frieren in der Flüchtlingsunterkunft
Foto: Achim Blazy

„Turnhalle nicht mit Straßenschuhen betreten“ — so steht es auf dem Schild, das ohne Bedeutung am Eingang hängt. An der Poststraße muss sich um diese Anweisung seit knapp drei Wochen niemand mehr kümmern, denn hier leben mittlerweile Menschen. Und die haben keine andere Möglichkeit, als ihr Zuhause auf Zeit mit Straßenschuhen zu betreten. Die Flüchtlinge kommen aus dem Irak, Serbien, gerade ist eine albanische Familie angekommen. Etwa 20 Menschen sind hier untergebracht. „Die Zustände sind nicht sehr angenehm“, sagt Andrea Laumen von der Evangelischen Kirche und schüttelt den Kopf: „Vor allem, wenn man bedenkt, dass hier überwiegend Kinder untergebracht sind.“

Mit dünnen Stellwänden sind Kabinen errichtet worden, die knapp zehn Quadratmeter groß sein mögen Gitterbetten, ein Schrank, ein Tisch, zwei Stühle — das war es. Ein Vorhang am Eingang bietet immerhin einen Hauch von Privatsphäre. Hier lebt seit mehr als einer Woche ein 43-Jähriger mit Frau und sechs Kindern zwischen acht und 18 Jahren. Sie sind aus dem Irak geflüchtet und seit knapp zwei Monaten in Deutschland, rund zwei Wochen davon leben sie an der Poststraße. Zwei „Räume“ haben sie zur Verfügung. Doch die Ehefrau schläft mittlerweile in einem Behelfsbett in einer der alten Umkleidekabinen direkt neben einer Heizung. „Sie hatte eine Operation, darf jetzt nicht krank werden“, erzählt der Familienvater auf Englisch. Doch gerade das ist hier nicht so einfach.

„Eine Turnhalle ist nicht warm zu bekommen“, sagt Pfarrer Frank Schulte. Erst recht nicht, weil die „Räume“ keine eigene Decke haben. Und die Kälte ist da nicht das einzige Problem: „Es geht nur Licht aus für alle oder an“, so Laumen.

Und der Iraker, der schon ein paar Brocken Deutsch spricht und versteht, ergänzt: „Wie sollen meine Kinder da schlafen?“ Das Licht ist nicht das einzige Problem: Die Betten stehen direkt an den Wänden. Stößt irgendwo innerhalb der Wohnkabinen jemand an die Wand, wackelt die gesamte Konstruktion bedenklich — vom Geräuschpegel, den übrigens auch schon ein Gespräch in Zimmerlautstärke verursacht, mal ganz abgesehen.

Mittags bekommen die Flüchtlinge aus dem Homberger Altenheim Haus Wichern eine warme Mahlzeit geliefert. Dafür wurde einer der alten Geräteräume zu einem Speisesaal umgebaut. Wer später Hunger auf etwas Warmes oder bloß einen heißen Tee hat, der hat Pech gehabt.

Eine Küche gibt es nicht, kleine Kochplatten dürfen wegen der Brandgefahr nicht benutzt werden. „Die Kinder essen hier abends rohe Fertigsuppen“, ist Andrea Laumen entsetzt.

Das Problem kann Rolf Steuwe, städtischer Sozialdezernent, erklären: „Wir haben einen Küchencontainer bestellt, der ist aber noch nicht da.“ Bis dahin wollen Frank Schulte und Andrea Laumen aushelfen — und auch die katholische Gemeinde unterstützt die Familien. Mit einem Bilder-Wörterbuch ausgerüstet, holen sie jeden Abend die Familien, die mit wollen, ins Jugendzentrum JuTu an der Turmstraße zum gemeinsamen Kochen: „Hier gibt es einfach eine warme Mahlzeit oder einen Tee, dazu kommt man miteinander ein bisschen ins Gespräch“, freut sich Andrea Laumen, die in diesem Zusammenhang aber auf ein Problem aufmerksam macht: „Für die Flüchtlinge ist es nicht einfach, mit uns zu gehen. Denn sie haben an der Poststraße keine Möglichkeiten, ihren Besitz wegzuschließen. Die Schränke in den Kammern haben keine Schlösser.“

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