Erst hat er Boule nur belächelt, jetzt ist er WM-Teilnehmer

Der 16-jährige Moritz Leibelt ist für die Weltmeisterschaft in Antalya nominiert. In kürzester Zeit ist er zu einem der besten Spieler in seinem Verein aufgestiegen.

Lintorf. Moritz Leibelt schaut konzentriert auf die silberfarbene Kugel, die sein Gegner gerade ganz dicht neben das neonfarbene „Schweinchen“, die kleine Startkugel, gespielt hat. Dann wirft er die eigene Silberkugel zielgenau auf die gegnerische und „schießt“ sie weg. Damit ist der Weg frei und er kann seinen nächsten Wurf möglichst nah an der Startkugel platzieren. „Boule ist ein Sport, der hauptsächlich im Kopf stattfindet“, sagt der 16-Jährige. „Wenn Du es nicht schaffst, Dich zu konzentrieren, wenn Du eine Barriere im Kopf aufbaust — dann ist es vorbei.“

Seit vier Jahren spielt Leibelt Boule. Er trainiert dreimal wöchentlich vier bis fünf Stunden, dazu noch an den Wochenenden. Da bleibt für andere Hobbys keine Zeit. „Man muss schon Spaß daran haben“, sagt er. „Ich glaube, wenn man den Spaß verliert, dann kann man auch nicht gut sein.“

Moritz Leibelt ist gut, sehr gut sogar. So gut, dass er nun für die Boule-Weltmeisterschaft am 11. und 12. Oktober in Antalya (Türkei) nominiert wurde, sehr zur Freude seines Clubs „PUR“ (Pétanque-Union Ratingen-Lintorf) und zum Stolz seines Vaters.

Moritz Leibelt (16)

Die gesamte Familie ist inzwischen vom Boule-Fieber infiziert. Dirk Leibelt: „Angefangen haben wir durch Moritz’ Schwester. Sie war die Erste, dann meine Frau und ich, Moritz kam erst zum Schluss dazu. Er fand Boule anfangs doof, meinte, es sei ,ein Sport für alte Leute’. Aber nachdem er einmal angefangen hatte, war er Feuer und Flamme, verbrachte jede freie Minute auf dem Platz.“

Der 16-Jährige, der gerade seine Fachoberschulreife an der Werner-Heisenberg-Schule gebaut hat, ist bei den Sichtungslehrgängen den Boule-Funktionären so positiv aufgefallen, dass er einen Startplatz für die WM bekommen hat. „Für mich ist die Nominierung natürlich der Höhepunkt meiner bisherigen Laufbahn“, freut sich Moritz. Als Mitglied der Nationalmannschaft habe er immer gehofft, einmal bei einer EM oder sogar WM zu spielen. Und wenn er jetzt das eigens für die WM hergestellte Trikot überstreift, sei das schon etwas „ganz Besonderes“.

Binnen kürzester Zeit ist Moritz zu einem der besten Spieler des Vereins aufgestiegen. Und wurde schnell eines Besseren belehrt, was das Vorurteil „Sport für alte Leute“ betrifft. Moritz Leibelt: „Man braucht sehr viel Körperkoordination, sehr viel Spannung, um präzise werfen zu können. Die Kugeln sind bis zu 800 Gramm schwer und müssen teilweise bis zu zehn Meter weit und sechs Meter hoch geworfen werden. Man geht ständig in die Hocke und legt während eines Turniers durchaus mehrere Kilometer auf den Bahnen zurück. Das braucht Kraft und Kondition.“ Keine Rede mehr von Alte-Leute- Sport.

Rudi Geiger, PUR-Vorsitzender: „Gerade in Deutschland sieht man auf den Turnieren wirklich viele junge Menschen. Spiele können bis zu zwei Stunden dauern, und man ahnt als Außenstehender gar nicht, was es dort alles zu beachten gibt.“ Neben dem Belag der Bahn spielen auch die Kugeln eine große Rolle. Sie sind genau an die Handgröße der Spieler angepasst, unterscheiden sich in Größe, Gewicht und Härtegrad — alles Faktoren, die spielentscheidend sein können.

Dirk Leibelt: „Ich glaube schon, dass so manch einer uns Boulespieler insgeheim ein wenig belächelt. Man hat das Bild von älteren Herren vor Augen, die auf der Straße in der Nachmittagssonne ein paar Kugeln werfen. Aber der Turniersport ist doch eine ganz andere Größe, hier geht es tatsächlich um Sport, mit aller Ernsthaftigkeit, klaren Regeln und eigenen Sicherheitsbestimmungen.“ Nur eins klappt in Deutschland noch nicht. Moritz Leibelt: „Leben kann man hier noch nicht vom Boule. In Frankreich geht das.“

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