Elf Nationen — ein Sprachcafé

Ohne das Engagement der Ehrenamtler ginge in der Flüchtlingsfrage nichts. Jetzt erteilen sie auch Deutschunterricht.

Elf Nationen — ein Sprachcafé
Foto: Dietrich Janicki

Ratingen. „Es ist mein humanitärer Beitrag für unsere Gesellschaft“, begründet Michael Troesser seinen Einsatz. Der studierte Germanist und Medienwissenschaftler ist eigentlich seit einem Jahr pensioniert. „Deshalb habe ich Zeit“, Zeit, die er nutzt, am Franz-Rath-Weiterbildungskolleg (FRW) einen Sprachkurs anzubieten.

Den hat das FRW in Kooperation mit dem Caritasverband entwickelt. Der Clou ist, dass dieses Sprachcafé, wie Troesser seinen Unterricht nach dem Motto „learning by drinking coffee“ nennt, von Freiwilligen wie ihm, Birgit Mazura-Allmann, Hildegunde Mühlmeyer sowie Ingrid Brügelmann geführt wird. Als Ergänzung zum regulären Unterricht, geführt von ausgebildeten Deutschlehrern, in dem es um das korrekte Erlernen von Grammatik, Syntax & Co. geht.

Nach den Sommerferien hatten FRW-Chef Georg Berendt und Uschi Hacket, stellvertretene Abteilungsleiterin bei der Caritas, Gespräche über die Flüchtlingssituation geführt. „Der Bedarf ist klar“, sagt Georg Berendt, „wir müssen unseren Beitrag zur Integration leisten“,. Perspektivisch und im optimalen Fall nach diesen sogenannten Vorkursen mit weiterführenden Stunden, die zu einem Zertifikat führen können.

Bei allem guten Willen sind die Unterrichtseinheiten für alle Beteiligten natürlich eine Herausforderung. In den Kursen am Montagmorgen sitzen aufgeteilt auf Kleingruppen 18 Menschen aus elf Nationen. Manche von ihnen sind vor ein paar Monaten in Ratingen angekommen. Andere sind seit einem Jahr hier. So unterschiedlich ihre Lebensläufe, ihr Alter und ihre Religion und Deutschkenntnisse sind, sie eint, die neue Sprache lernen zu wollen.

Eher spielerisch werden Themen gefunden, mal geht es um Vokabeln rund um den Einkauf. Oft um Aktuelles. So waren am vergangenen Montagmorgen die Terroranschläge in Paris Thema. „Ich gucke Nachrichten“, sagt ein Mann, der aus Indien geflohen ist. „Das ist nicht gut“, beurteilt er in einfachen Worten die Krise. Für welche Ziele die Begriffe „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ stehen, debattiert der Kurs. Jeder Teilnehmer so gut er kann, „wenn gar nichts mehr geht, versuchen wir es auf englisch oder französisch“, beschreibt Michael Troesser. Helfen diese Sprachen nicht, wird kursintern gedolmetscht. Manche notieren sich unbekannte Wörter im Notizbuch, andere nutzen ihr Mobilfunkgerät als Vokabelheft. „Diese Sprachtreffs sollen Lust auf die neue Sprache vermitteln“, sagt Uschi Hacket. Als ein „Modell, das gut funktionieren kann“ beschreibt sie es aber auch hinsichtlich der Möglichkeit, „neue Kontakte zu Deutschen zu bekommen“.

Und einen weiteren Ankerpunkt in einer „vernünftigen Tagesstruktur“ zu markieren. Nach Behördengängen oder Arztterminen bleibt vielen Flüchtlingen zu viel „erzwungene Freizeit“.

Als „wichtiges Signal“ schätzt Georg Berendt das Angebot ein. Perspektivisch soll es ausgebaut werden. „Wir wollen nichts überstürzen, sondern konzentriert vorgehen.“ Auf Stadtebene hat sich dafür bereits eine neue Arbeitsgruppe gebildet, wie Uschi Hacket sagt.

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