Eine Schule im Wandel der Geschichte

Die Minoritenschule ist zwar mit 99 Kindern die kleinste Schule Ratingens. Ihr Ursprung geht jedoch auf das Jahr 1691 zurück.

Ratingen. Es war das Jahr 1945. Und es fehlte an allem: an Wohnraum, Schulraum, Lehrern, Büchern und Büchern ohne Nazi-Weisheiten. Es fehlte auch an „männlichen Lehrpersonen, die niemals Mitglied der NSDAP gewesen waren“. Schließlich wurden fünf Pädagogen aufgetrieben, die, von Parteien unbelastet, mit ihrer Arbeit beginnen konnten: Die Rektoren Robert Müller und Leopold Piegeler, Otto Kellermann, Lukas Vidahl und Josef Buschhausen. Und sie teilten sich die Leitung der zunächst sieben Ratinger Schulen.

1951 stand dann die Minoritenschule an der unteren Minoritenstraße als Neubau zur Verfügung — als Ersatz für die Schule aus dem Jahr 1691, die schon im Jahr 1843 von den Minoriten der „Stadtgemeinde Ratingen für die Bedürfniße des Elementarunterrichts“ überlassen worden war. Sie stand an der oberen Minoriten-/Ecke Lintorfer Straße.

Wie in kaum einer anderen Ratinger Schule fühlte man sich in der Minoritenschule vom ersten Schultag nach dem Zweiten Weltkrieg schon als Katholische Volksschule, obgleich die endgültige Festlegung nach Beschluss des Schulausschusses und nach dem Elternvotum erst 1946 erfolgte, musste aber gleich ins Gebäude an der Graf-Adolf-Straße umziehen. Doch das galt nur für ein Jahr.

Die Kinder mussten ohne festes Schuhzeug in die Schule gehen und ohne Winterkleidung — doch am 9. November 1946 fand der erste Martinszug nach dem Krieg statt. Die Minoritenschule erhielt erst viel später ihren endgültigen Namen — den sie noch heute trägt — und wurde als Katholische Schule I geführt.

Als für den Neubau der erste Spatenstich getan wurde, waren Rat und Verwaltung unter sich — bei der Einladung hatte man Lehrer und Schüler offenbar vergessen. Dafür wurde ein Jahr später die Einweihung entsprechend rauschend gefeiert. Die Räumlichkeiten an der oberen Minoritenstraße teilten sich die Schüler unter anderem mit der Feuerwehr; auch ein Turm befand sich dort für die Schläuche und eine Wärmestube für frierende Bürger, die sich oberhalb der Feuerwehr-Garage trafen.

Schon damals wurden die durch Bomben zerstörten Teile der dort vorhandenen Schulgebäude abgerissen. Und es war die Zeit, in der erste Vorstellungen vom späteren Rathaus an dieser Stelle sanft keimten. Vorerst aber wurden Klassen von hier nach da geschoben, gab es für alle Schicht-Unterricht, wurden Kinder quer durch die Stadt zum Unterricht geschickt. Heute besuchen 99 Kinder die Minoritenschule, die damit die kleinste in Ratingen ist.

Man kann sich kaum mehr vorstellen, wie es 1952 in Schulen zuging, als die Verbreitung der Kinderlähmung 1952 bedrohliche Formen annahm. Alle größeren körperlichen Beanspruchungen waren verboten, Ausflüge und Wanderungen fielen aus, Klassenräume und Toiletten wurden desinfiziert. In den Waschräumen lagen Seifen zum Händewaschen aus. Aber St. Martin war ein Muss; 3000 Kinder gingen mit dem Zug. Und — man kann es sich im Vergleich zur Gegenwart kaum vorstellen — Kinder, Lehrer und Eltern sangen alle fröhlich die mehrstrophigen Lieder mit.

Fehlten erst der Raum und die Heizmittel, fehlten dann die Lehrer. Also wurden mal Klassen zusammengelegt, so dass irgendwie noch Unterricht möglich war, wurden ein anderes Mal Lehrer aus dem Ruhestand zurückgerufen. Auf diese Weise kamen die bereits pensionierten Lehrerinnen Singendonk und Kaisers noch einmal an die Minoritenschule zurück.

Die Lehrerknappheit zog sich bis in die 60er Jahre, als die „Mikätzchen“ und „Mikater“ erfunden wurden — Männer und Frauen, die bereits in einem anderen Beruf gearbeitet hatten und dann in verkürztem Verfahren an den Pädagogischen Hochschulen fit gemacht wurden. Ihren Namen hatten sie vom Kultusminister Mikat.

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