Die Schuldenlast im Blick

In Homberg gibt es die wenigsten, in West die meisten Schuldner. Der SkF bietet eine Beratung an. Die Wartezeit: zwölf Monate.

Ratingen. Heute kaufen, im nächsten Jahr bezahlen, Fast-Geschenkt-Kredite, Sorglos-Finanzierung — wenn es darum geht, die Menschen zum Geldausgeben zu verführen, sind der Fantasie der Händler kaum Grenzen gesetzt. Die finanziellen Grenzen erreichen aber viele oft schneller, als ihnen lieb ist: Dann sind die Schuldenberge derart angewachsen, dass sie auf absehbare Zeit nicht mehr abgetragen werden können.

Mehr als 5720 Menschen (jeder 13. Bewohner über 18 Jahre) gelten in Ratingen als überschuldet, 3200 davon als so genannte „harte Schuldner“, die so tief in den roten Zahlen stecken, dass sie aus eigener Kraft nicht mehr aus der Schuldenfalle herauskommen. Das hat die Wirtschaftsauskunft „Creditreform“ in ihrer jährlichen Untersuchung festgestellt. Dazu kommen noch rund 200 junge Leute unter 18, die überschuldet sind, im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sind es insgesamt rund 400 — Tendenz steigend.

Mit seiner Schuldner-Quote von 7,5 Prozent belegt die Stadt Ratingen dennoch einen Spitzenplatz im Kreis Mettmann, gefolgt von Mettmann und Langenfeld (WZ berichtete). Schlusslicht ist Velbert mit einer fast doppelt so hohen Zahl an Schuldnern.

Aber auch innerhalb Ratingens gibt es große Unterschiede: Die wenigsten Schuldner gibt es in Homberg (4,1 Prozent) — nicht etwa im „reichen“ Stadtteil Hösel. Dessen Quote (4,9 Prozent) bedeutet aber ebenfalls einen sehr guten Wert. Ratingen Ost, Lintorf und Breitscheid liegen mit Quoten zwischen 5,3 und 6,7 Prozent ebenfalls noch in einem ordentlichen Bereich. Höher ist der Anteil der Überschuldeten an der Einwohnerschaft im Zentrum (7,2 Prozent), in Schwarzbach (8 Prozent) und in Tiefenbroich (8,9 Prozent). Mit 12,6 Prozent ist der Stadtteil West das Schlusslicht — jeder achte Bewohner über 18 Jahren ist dort überschuldet.

Hilfe aus der Schuldenfalle bietet der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), der die einzige Schuldnerberatung in der Stadt betreibt. Stadt und Kreis finanzieren die drei Vollzeitstellen sowie eine Kraft, die in der Prävention tätig ist.

Wie sehr die Beratung gefragt ist, zeigt sich an der Warteliste. „Zurzeit warten 60 Ratinger auf einen Termin bei der Beratung. Die Wartezeit beträgt rund zwölf Monate“, sagt Wolfgang Wesselsky, Leiter der Schuldnerberatung. Dabei hat sich die Lage zwischenzeitlich entspannt. Vor eineinhalb Jahren hingen mehr als 180 Betroffene in der Warteschleife und mussten bis zu 19 Monate auf einen Termin warten. Daraufhin hat der Stadtrat eine befristete Stelle genehmigt, um die Warteliste abzubauen. „Mittlerweile steigen die Zahlen aber wieder an“, weiß Wesselsky.

Damit es erst gar nicht so weit kommt, investiert der SkF auch in die Vorbeugung. Mit ihrem Projekt „Moneypenny“ gehen die Schuldnerberater in die weiterführenden Schulen und wollen den Jugendlichen den Sinn dafür schärfen, wie schnell mit Handys und Internetshopping die Schuldenfalle zuschnappen kann.

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