Dank der Uhren im Kirchturm bleibt Ratingen im Takt der Zeit

St. Peter und Paul richtet sich nach der Braunschweiger Atomuhr.

Dank der Uhren im Kirchturm bleibt Ratingen im Takt der Zeit
Foto: Achim Blazy

Ratingen. Die kleinste Einheit der Ewigkeit erreicht Ratingen über Langwelle. Genauer: über 77,5 Kilohertz. Am Ausgangspunkt des Radiosignals hat Zeit so gar nichts Relatives. Vielmehr müht sich ein Heer von Wissenschaftlern in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zu Braunschweig darum, keinen Bruchteil einer Sekunde zu verlieren. CS 2 ist Deutschlands Taktgeber, eine Atomuhr, in der die Zeitspanne zwischen den Aggregatzuständen von Cäsiumatomen den Rhythmus für den Rest des Landes schlägt.

Der Weg von absoluter Präzision auf atomarer Ebene hin zur Turmuhr von St. Peter und Paul, hin zum Satz „Gleich ist es dreiviertel zwölf“, dieser Weg ist seit mehr als 30 Jahren kürzer als man ahnt. Er führt über einen grauen Kasten mit leuchtender Digitalanzeige und weißen Tasten an der Wand der Sakristei. Er ist so hoch über den Köpfen angedübelt, dass niemand aus Versehen einen der Knöpfe drücken und die Zeit im Gotteshaus, oder gar in Ratingen, durcheinander bringen kann.

„Im Prinzip ist das ein spezieller Computer“, sagt Küster Ralf Meyhöfer. Von hier aus werden mit Cäsium-Präzision die Signale für zwei Glocken gesteuert, die zur Kirchturmuhr gehören. Die kleinere schlägt alle 15 Minuten das Viertelstundensignal, die größere erklingt zur vollen Stunde — maximal zwölf Schläge lang. Früher gab es im Turm ein Uhrwerk mit Zahnrädern und eigener Unruh, im Vergleich zur Armbanduhr natürlich im XXL-Maßstab. Über lange Stangen wurden die Zeiger der drei Turmuhren von St. Peter und Paul im Kreis bewegt.

Küster Meyhöfer kennt die alten Zeiten der Turmuhr nur aus Erzählungen: „Einmal pro Woche musste das Uhrwerk aufgezogen werden, einmal pro Monat kam ein Uhrmacher, um nach der Mechanik zu sehen.“ Es brauchte manchmal Stunden, die drei Uhren auf ein und dieselbe Zeit zu bringen. Denn man musste die Zeiger von innen stellen, ohne sie direkt sehen zu können. Außen stand jemand zur Kontrolle und sorgte auf Zuruf für mehr oder weniger Übereinstimmung im Uhrentrio.

Die Zahnräder der Zeit griffen nur dann geschmeidig ineinander, wenn ihre Achsen und Lager ordentlich geschmiert wurden. Das geschieht heute alles vollautomatisch, über Elektromotoren. Zugleich ist der Gottesdienst-Kalender von St. Peter und Paul in dem kleinen grauen Zeitkasten eingespeichert. Eine Viertelstunde vor der Messe werden die Glocken in Gang gesetzt. Nur bei außergewöhnlichen Ereignissen muss Küster Meyhöfer von Hand läuten; das Geläut zum Tode von Kardinal Meisner war zuletzt solch ein Anlass. Meyhöfer selbst trägt übrigens keine Armbanduhr mehr. „Ich habe ja die sehr genaue Turmuhr, nach der ich mich richten kann“, sagt er.

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