Ortsschilder als Infotafeln

Zusatznamen am Stadteingang sind zwar gesetzlich möglich — aber nur wenige Städte wollen die Möglichkeit auch nutzen.

Kreis Mettmann. „Mettmann — Die Neanderthal-Stadt“ — mit diesem Zusatz unter den Ortseingangsschildern wirbt Mettmann seit einigen Jahren für sich und weist auf seine geschichtliche Bedeutung hin, auf den Fund des Neandertalers im Jahre 1856 — auch wenn die Fundstelle heute auf Erkrather Stadtgebiet liegt. Gestiftet hat die Schilder der Arbeitskreis „Neanderthal-Stadt“. Die Stadt sei damit voll zufrieden und wolle nichts ändern, so Stadtsprecher Michael Lietzow.

Nachdem der Landtag einer Neuregelung zugestimmt hat, dass Städte künftig ihre Ortsschilder anreichern dürfen, fragte die WZ in den Rathäusern, was man dort von dieser Art Stadtwerbung hält. Zusatzbezeichnungen „stiften Identität und stärken das Selbstbewusstsein“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).

Das sieht Rainer Ritsche, Kämmerer in Wülfrath, etwas differenzierter. „Die Frage ist, welches Image eine Stadt wie Wülfrath will.“ Er ist skeptisch, ob der Rohstoff Kalk sich eignet, um neue Unternehmen und Bürger zu locken. Deshalb würde er hinter die Bezeichnung „Kalkstadt“ ein dickes Fragezeichen setzen.

Ritsche: „Es muss ein Zusatz sein, mit dem Bürger sich auch tatsächlich identifizieren.“ Allein schon aus Kostengründen — die Stadt müsste rund zehn neue Schilder für 300 bis 400 Euro das Stück aufstellen — ist er gegen eine neue Wülfrather Imagekampagne: „Wir diskutieren in Wülfrath über die Reduzierung von Leistungsstandards — das geht nicht zusammen.“

Sehr zurückhaltend wird die erlaubte Neuregelung auch in Ratingen bewertet. „Wir haben uns noch keine Gedanken darüber gemacht“, sagte Peter Ueberdick, Leiter des Büros des Bürgermeisters, auf Anfrage. Derzeit werde das neue Beschilderungskonzept in der Stadt umgesetzt, „da könnte man das Thema mal aufgreifen“. Andererseits sei „Ratingen“ so einprägsam, dass der Ortsname durchaus allein stehen kann.

Hinzu komme, dass der in Ratingen verbreitete Alias-Name „Dumeklemmerstadt“ nur sehr lokal verstanden wird. Ohne Kenntnis der Sage vom Heiligen Suitbertus, dem die Ratinger einst beim Rauswurf aus der Stadt die Daumen im Stadttor eingeklemmt haben sollen, bleibt das Wort „Dumeklemmer“ kryptisch. Ueberdick: „Ohne Erläuterungen ist das nicht verständlich.“ Außerdem bestehe die Gefahr, mit einem (versehentlichen) doppelten „m“ in „Dume“ zur Lachnummer zu werden.

„Itterstadt“, „Fabrystadt“, Jazzstadt“ — in Hilden hätte man die Qual der Wahl. Aber Bürgermeister Horst Thiele verbringt deshalb keine schlaflosen Nächte. „Wir werten gerade eine Untersuchung zur Markenidentität Hildens aus — das passt ja.“ Mit dem Thema Zusatznamen habe man sich aber noch nicht befasst. Angesichts der Vielfalt Hildens träfe der Slogan „Großstadt im Westentaschenformat“ am besten zu.

In Monheim sieht man das Thema ganz entspannt. „Wir haben uns vor 15 Jahren für den Zusatz ,Monheim am Rhein’ als Markenzeichen entschieden“, erklärt Bürgermeister Daniel Zimmermann. Angesichts der vielen Aktivitäten im Kinderbereich wäre „Hauptstadt für Kinder“ zwar sehr treffend, aber nur schwer vermittelbar.

Frank Schneider, Amtskollege in Langenfeld, plant keine Zusätze auf dem Ortsschild: Man habe kein Alleinstellungsmerkmal. „Schuldenfreie Stadt“ wäre zwar knackig, er habe aber keine Lust, „das in ein paar Jahren wieder abkratzen zu müssen.“

Velbert, die „Stadt der Schlösser und Beschläge“, lebt seit langem mit diesem griffigen Namenszusatz. Bürgermeister Stefan Freitag will deshalb auch bald mit Politik und Bürgerschaft darüber ins Gespräch kommen.

Natürlich böten sich noch weitere Bezeichnungen wie „Wallfahrtsstadt“ oder „Bücherstadt“ an — die Schloss- und Beschlägestadt habe aber Tradition. Das stehe schon auf den alten Grenzsteinen.

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