Neanderthal Museum: Das Dunkle der Geschichte

Im Flackerlicht von Taschenlampen können Besucher die gruseligste Ausstellung des Neanderthal Museums erkunden.

Mettmann. Verbrecher haben es heutzutage gut. "Es wird in Europa keiner mehr hingerichtet, wenn er etwas Schlimmes getan hat", flüstert Museumsführerin Iris Schimkat in beruhigendem Ton. Denn auch wenn die Teilnehmer der Taschenlampenführung im Neanderthal Museum erst rund zehn Jahre alt sind, haben sie doch bereits eine genaue Vorstellung vom Mittelalter und der frühen Neuzeit.

"Es gab Ritter, Könige und Adelsfamilien. Und wer für etwas Schlimmes bestraft werden musste, der wurde hingerichtet. Heute gibt es dafür Geldstrafen oder Gefängnisse", erklärt einer der kleinen Besucher mit ernstem Gesichtsausdruck, in der Hand eine Taschenlampe. Denn als wären die Exponate der Ausstellung "Galgen, Rad und Scheiterhaufen" nicht schon gruselig genug, findet die Führung im Dunkeln statt.

Nur mit Taschenlampen bewaffnet und von gleichermaßen beruhigenden wie neugierigen Eltern begleitet, folgen 15 Kinder und noch einmal so viele Erwachsene Iris Schimkat unter einen Galgen hindurch in das Untergeschoss des Museums.

Mit großen Augen betrachten die kleinen Archäologie-Freunde dort eine Moorleiche - zwar nur eine verkleinerte Replik hinter Glas, aber nicht weniger beeindruckend und unheimlich als die echten Schädel und Skelettreste von hingerichteten Opfern aus vergangenen Epochen.

Trotzdem: In den Gesichtern der Kinder sind nicht Furcht oder Schrecken zu sehen, sondern Interesse und Neugier. Mit beschwörender Stimme erklärt Schimkat, warum die Richtstätten meist auf Hügeln erbaut wurden: "Von weitem konnten Reisende so sehen, dass in diesem Ort Recht und Ordnung herrscht."

Dass die Überreste der Hingerichteten nicht auf dem nächsten Friedhof beerdigt wurden, nehmen die Kinder sichtlich gespannt zur Kenntnis. "Das durfte niemals sein, dass ein Verbrecher in geweihter Erde beerdigt wurde. Stattdessen wurden sie zusammen mit den Überresten von toten Tieren in Erdlöchern vergraben."

Schimkat räumt auch mit einem Irrglauben auf: Dass Menschen niemals bei lebendigem Leib verbrannt wurden, überraschte vor allem die erwachsenen Teilnehmer. "Die Verurteilten wurden immer vorher gehängt." Das große Interesse am Thema Hinrichtung und Tod ist für die Museumsführerin nicht verwunderlich.

"Der Tod fasziniert uns, er gehört zum Leben dazu, so wie die Todesstrafe zu unserer Geschichte." Auch Bilder von öffentlichen Verbrennungen werden in der Ausstellung gezeigt, ein Comic mit Folter- Szenen und ein blutrünstiges Titelbild eines John Sinclair-Heftes.

"Bereits die ganz Kleinen werden mit Kinderkrimis wie den Drei Fragezeichen oder TKKG in ihrem Interesse bedient, Erwachsene sehen sich Mord und Totschlag in Filmen an. Dadurch lassen sich außergewöhnliche Gefühle aus sicherer Distanz erleben. Nichts anderes war früher das Zusehen bei einer Hinrichtung", sagt Schimkat.

Nach einer Stunde ist die Führung beendet. "Uns hat es super gefallen", sind sich Kennard (9) und Nikolas (11) einig. "Unheimlich war es nicht. Wir hatten ja die Taschenlampen dabei."

Und obwohl viele Details aus Rücksicht auf die Kinder weggelassen wurden, waren auch die Eltern zufrieden. "Ich fand die Führung interessant", sagt Kristina Korthaus, die Kennard und Nikolas den Ausflug vorgeschlagen hatte. "Ich hatte keine Bedenken, dass das Thema die Kinder überfordern oder Albträume verursachen könnte."

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