Nächster Halt Hauptbahnhof - Der Traum vom Lokführer

Der Traum vom Lokführer: WZ-Reporter Benjamin Dietrich hat die Wirklichkeit bei einer Fahrt mit der Regiobahn erlebt.

Kreis Mettmann. Im Führerstand zischt es. Der Fußboden unter den Füßen vibriert, Lampen leuchten auf. Es ist 10.43 Uhr. Oliver Technow macht sich bereit für seine Fahrt mit der Regiobahn ab der Haltestelle Mettmann Stadtwald. Sein Ziel: Kaarst. „Gleich kann es losgehen“, sagt er. „Wir wollen pünktlich abfahren. Ist doch klar.“

Die Strecke kennt er in- und auswendig, ist er doch seit vielen Jahren als Lokführer für das Mettmanner Verkehrsunternehmen auf der Schiene. Insgesamt arbeiten 40 Zugführer bei der Regiobahn. Acht bis zehn Stunden dauert eine Schicht.

Eine Zeit, in der die Lokführer alleine mit sich und den Gleisen sind. Denn auf den Führerstand darf niemand. „Hin und wieder hört man einen Fahrgast, der einem durch die Scheibe einen schönen Tag wünscht. Das war’s aber auch“, sagt Technow. Ihm macht das nichts aus. „Ich mag es, bei der Arbeit für mich zu sein.“

Die Regiobahn rollt langsam los. Pünktlich um 10.45 Uhr. Technow schaut noch einmal aus dem Fenster auf den Bahnsteig, ob alle Fahrgäste sicher eingestiegen sind. Dann setzt er sich wieder hin. Die Signale am Rand des Gleises stehen auf Grün.

Mit der Hand gibt er mit Hilfe eines Steuerknüppels Gas. Wie schnell er fahren darf, sieht er auf dem Buchfahrplan, der auf einem Klemmbrett vor ihm liegt. 80 bis 100 km/h sind auf der Strecke von Mettmann bis zum Düsseldorfer Hauptbahnhof zulässig. „Manchmal wird aber auch über die Signale angegeben, wie viel ich fahren darf. Deshalb muss ich schon auf die Strecke achten. Manche denken immer, ein Lokführer könne sich die Landschaft anschauen. Das ist hier eine sehr konzentrierte Arbeit, damit die Fahrt auch sicher ist“, sagt er.

Nach der Station Neanderthal wird es am Rande der Strecke immer grüner. Die Bahn rauscht vorbei an Bäumen, Sträuchern, Wiesen. Auch ein Reh steht nah an den Gleisen — und das alles aus der Panoramaperspektive in der Lok. „Das ist hier für mich der schönste Streckenabschnitt“, sagt Technow.

Es dauert allerdings nicht lange, dann ist das Naturerlebnis auch schon vorbei. Dafür sind rasende Autos zu sehen, die aus Sicht des Betrachters unter der Regiobahn fahren, als diese die Brücke der A 3 überquert — ein Moment von zwei Sekunden.

Dann wird es immer städtischer. Einem Industriegebiet folgen Häuserschluchten. Der Zug fährt 100 km/h. Aber nur für kurze Zeit. „Ich muss jetzt langsamer werden. Der Bahnhof ist nicht mehr weit weg“, sagt Technow.

Er bremst ab. Täte er das nicht, würde er automatisch gestoppt werden. Denn wie schnell eine Bahn fährt, wird unter anderem über spezielle Magneten an den Gleisen gemessen. Technow: „Überschreiten wir die maximal zulässige Geschwindigkeit, gibt es eine Zwangsbremsung.“

Ein Hügel liegt vor der Bahn. Die Fahrt mit dem Blick durch die Panoramascheibe fühlt sich in der Magengegend jetzt an wie auf einer Achterbahn — kurz bevor es rasend den Berg hinab geht. Die Gleise schlängeln sich in den Bahnhof. Die Bahn ruckelt hin und her.

Je näher der Bahnhof kommt, desto größer werden die Menschen, die auf dem Bahnsteig warten. Die waren vorher aus der Ferne nur in Miniaturausgabe zu erkennen. Technow bremst noch mehr ab. Und aus dem Lautsprecher ist eine Frauenstimme zu hören. Charmant klingt die Ansage: „Ihr nächster Halt: Düsseldorf Hauptbahnhof.“

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