Was Ältere in Neviges vermissen

Der Runde Tisch für ein seniorengerechtes Neviges hat seine Arbeit aufgenommen. Awo, Diakonie und Kirche knüpfen ein Netzwerk.

Was Ältere in Neviges vermissen
Foto: Archiv/dpa

Neviges. Es war zwar kein runder Tisch, sondern eine lange Kaffeetafel, an dem die Teilnehmer im Awo-Stadtteiltreff gestern bei der Premiere Platz nahmen, aber am Ende soll eine runde Sache für die älteren Nevigeserinnen und Nevigeser dabei herauskommen: Arbeiterwohlfahrt, Bergische Diakonie und katholische Gemeinde knüpfen ein Netzwerk, das den Älteren ermöglichen soll, so lange wie möglich in ihrem Zuhause oder im vertrauten Umfeld zu leben.

„Wie können wir die bestehende Zusammenarbeit ausbauen und was muss in Neviges verändert werden?“, gab Judith Ortmann, Leiterin der Sozialen Dienste bei der Diakonie, das Ziel für den ersten Runden Tisch „Seniorengerechtes Quartiersmanagement“ vor. An der Bestandsaufnahme und dem Austausch über Aufgaben beteiligten sich auch Monika Schmidt-Bathe vom Diakonie-Stadtteilzentrum, Hubert Rudolf vom Kirchenvorstand, Corinna Kinnen und Leiterin Julia Schneider vom katholischen Glocken-Treff, Gastgeberin Andrea Siepmann, Ingrid Seipenbusch vom Pflegeteam „3 mit Herz“, Doris Trussner vom gleichnamigen Pflegedienst, Stefanie Schlimme für die Pflegeeinrichtung Domizil Burgfeld, und Bernhard Zbrug, Velberts Seniorenbeauftragter.

Schmidt-Bathe stellte der Runde die Ergebnisse einer „Expertenbefragung“ vor. Im Vorfeld waren die Leiterinnen der drei Treffs sowie Pfarrerin Stefanie Stute für die evangelischen Gemeinde und Helmut Wulfhorst von der Werbegemeinschaft gefragt worden, wo ihrer Einschätzung nach die Betagten der Schuh drückt.

„Ihre größte Sorge ist, die seit Jahrzehnten vertraute Stadt verlassen zu müssen. Übereinstimmend wurde geäußert, dass Neviges dörflich ist. Jeder kennt jeden“, sagte Monika Schmidt-Bathe. Bemängelt wurde, das es keinen Hol- und Bringdienst zu Veranstaltungen gibt, erst recht sei der bei Dunkelheit vonnöten. Manche Jugendliche am Busbahnhof und die vielen Flüchtlinge würden Ängste auslösen. Während die Nahversorgung im Zentrum als gut eingestuft wird, ist sie in Außenbereichen wie an der Hügel- und Krumbeckstraße nicht vorhanden. Geschätzt wird der vitale Wochenmarkt, die Vielzahl der Frisöre und dass zwei Metzgereien einen Mittagstisch bieten. Gelobt wird auch die gute Erreichbarkeit der nahen Großstädte mit Bus und S-Bahn. Die diskutierte Schließung des Servicebüros der Stadt stößt auf Unverständnis.

Bernhard Zbrug interessierte sich für die Auslastung des Domizils Burgfeld. „59 von 59 Plätzen sind belegt. Wir haben zwar Dependencen in Velbert-Mitte und Heiligenhaus, aber es ist schwer, jemanden dort hinzulotsen“, sagte Stefanie Schlimme. Für sie ist die hausärztliche Versorgung das Manko. „Sie ist gefährdet, wenn keine Pflegestufe besteht oder Angehörigen da sind.“ Die Erfahrung der Domizil-Vertreterin: Kaum ein Arzt macht Hausbesuche. Neupatienten werden von Fachärzten nur schwer angenommen. Einen Orthopäden oder Augenarzt gibt es in Neviges nicht.

Monika Schmidt-Bathe und Julia Schneider haben sich auch Fußgängerzone und Busbahnhof „durch die Seniorenbrille“ angeschaut und dort mit älteren Passanten gesprochen. Ergebnis: Es gibt alles, was zum Leben nötig ist. Rollatoren- und Rollstuhlnutzer stellen sich auf die Topographie ein. Sie verlassen einen Halt früher den Bus, beginnen ihren Einkauf auf dem Berg und rollen talwärts. Die leere, dunkle City-Passage ist ein Angstraum. Der Brunnenplatz gefällt, allerdings gibt es dort — wie in der ganzen Fußgängerzone — zu wenig Sitzgelegenheiten und zu viel Hundekot.

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